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Marokko – nicht immer ein Traum aus 1001 Nacht

Unsere Vorfreude ist groß, denn hier wollen wir eintauchen in das wahre marokkanische Leben. In unsere Phantasie essen wir köstliche Tajine, schlendern durch das Gassenwirrwarr in der Medina, sehen Handwerkern bei der Arbeit zu, schreiten durch palastähnliche Tore, trinken köstlichen Kaffee und manchmal auch Wein oder Bier. Um so bitterer holt uns die Realität ein. 

In Casablanca landen wir nach zwei langen Flügen. Unser Hotel Central, das ganz nach unterem Geschmack ist, liegt in der Altstadt nah zum Bahnhof. Als unsere Gastgeberin uns am Abend „Rick´s Café“ empfiehlt, ahnen wir noch nicht den Berühmtheitsgrad dieser Location. Ohne Reservierung bietet der Kellner den Billardtisch zum Essen an. Nicht sonderlich gemütlich, da für die Beine kaum Platz ist. Anhand der Bilder und des laufenden Films wird deutlich, dass es sich hier um einen Nachbau der in dem Filmklassiker Casablanca nachgebauten Bar handelt. Entsprechend sind auch die Preise. Nichts wie raus! Auf dem kleinen Platz erzählt uns der Orangensaftverkäufer, dass Ramadan sei. Oh … ah … das haut uns jetzt um! Niemals hätten wir daran gedacht, nachzuschauen, wann Ramadan ist. Na ja, wird doch für uns Nicht-Muslime wohl nicht so schlimm sein, außerdem sind wir nicht zum ersten Mal während des Ramadans unterwegs. Wenn die Muslime tagsüber nichts essen und trinken, heißt das doch bestimmt nicht, dass wir auch fasten müssen.

Frohen Mutes suchen wir eine weitere Empfehlung, eine Tapas Bar auf, die vorzügliche Tapas mit Weißwein serviert. Na also, geht doch! Doch in diesem Moment ahnen wir noch nicht, dass dies eine Ausnahmeerscheinung sein wird.

Die erste Ramadan-Begegnung erfahren wir am nächsten Vormittag im Einkaufszentrum. Bei Decathlon, wo wir noch T-Shirts kaufen möchten, wird erst um 11 Uhr geöffnet – also warten.

Immerhin klappt die anschließende einstündige Zugfahrt nach Rabat wie am Schnürchen. 

Rabat – die erste Königsstadt

Die Verhandlungen mit den Taxifahrern, die jedes Mal aufs Neue einen überhöhten Preis verlangen, beginnen uns zu nerven – Reisemüdigkeit stellt sich langsam ein. Da das Riad Marlinea Hotel in der Medina von Salé schwierig zu finden ist, bringt der Taxifahrer uns durch die schmalen Gassen und ich versuche mir den Weg zu merken. Der wunderschön in warmen Farben behaltende Innenhof mit Tischen und Sofas mit dunkelrotem Samtstoff und bunten Glasfenstern überrascht uns, denn von außen ist nichts davon zu sehen. Schön kühl ist es drinnen, während draußen die Hitze mit 30 Grad knallt. Unser Zimmer auf der dritten Etage mit Terrasse ist ist heller als die anderen Zimmer. 

Abends in der Medina

Wir haben Hunger und ahnen, dass es schwierig wird, etwas zu finden. So laufen wir los und werden schon bald das erste Mal Opfer eines falschen Guides, der uns erst in die Moschee und dann zu einem Fischrestaurant bringen will. Zuerst laufen wir noch naiv hinterher. Er labert uns geschickt zu, führt uns aus der Medina hinaus, über ein Feld Richtung Meer. Im Grunde wollen wir auf die andere Seite des Flusses zur Altstadt. Mit Rolf spricht er etwas auf französisch, ich verstehe nichts. Ich möchte umkehren. Ohne Schatten auch viel zu heiß hier. Dieser Typ gefällt uns nicht. Endlich stoppt Rolf ihn. Der selbsternannte Guide wird regelrecht motzig, als wir nicht in sein Restaurant wollen. Uns reicht es, wir verabschieden uns, er wird noch frecher und will 10 Euro für seine Führung haben! Mit 5 Euro gibt er sich nicht zufrieden – muss er aber. Entsetzt laufen wir zur Marina, können es nicht fassen, dass wir so schnell auf diesen Typ reingefallen sind – wo wir doch erfahren sind ;-). Nun beginnt die Odyssee nach einem geöffneten Restaurant. Mit knurrendem Magen zu suchen, verdirbt bekanntlich die Stimmung. Das von mir ausgesuchte Restaurant hat geschlossen, die nächsten Zwei auch. In dem Dritten bekommen wir zwar langweilige Pasta, werden aber satt. Alleine in einem Restaurant zu sein, gefällt uns gar nicht. Auch die hungrigen, herumstehenden und gelangweilt wirkenden Kellner tragen nicht zur Aufhellung bei. Ob das nun so weiter geht? Immerhin geht Ramadan noch bis zum 04. Juni, das wären noch drei Wochen. Puh, das kann hart werden. Ein Plan muss her, wie wir tagsüber an Essbares kommen. Im BIM-Supermarkt decken wir uns mit Dosenfisch, Frischkäse, Wasser und Bananen ein. Ab jetzt belege ich nach jedem Frühstück das restliche Brot mit Käse, damit wir tagsüber durchhalten. 

Laut Wettervorhersage werden die nächsten Tage bis Donnerstag sehr heiß, d.h. bis 39 Grad in Meknes. 

Um in die blaue Medina von Rabat zu kommen, laufen wir zu der Anlegestelle in Salé und setzen für 1€ mit dem Bötchen auf die andere Seite, laufen den Berg hoch zur Kasbah des Oudayas, ein abgetrenntes Areal nordöstlich der Medina. Ohne Schweißtuch und Dächer geht heute nichts. 

Die blaue Medina

An dem berühmten Stadttor Bab al Kebir laufen wir erst vorbei. Dieses blaue Viertel hier auf der Anhöhe ist mit seinen blau-weiß getünchten Häusern und kleinen Gassen sehr malerisch. Wir fotografieren enge weiße Gassen, die unterschiedlichen Blautöne an den Häuserwänden, die Türen mit ihrer blauen Patina und gelangen schließlich auf eine großen Platz mit einem herrlichen Ausblick auf den Atlantik, das gegenüberliegenden Salé, den Friedhof, den Strand und den Fluss. Der Wind pfeift hier ordentlich frisch, so dass wir bald weiterziehen.

In der eigentlichen Medina von Rabat laufen wir anfangs durch eher leblose Gassen, die insgesamt sauberer wirken als drüben in Salé. Rolf fragt mich schon etwas ungeduldig: „Kommt da noch was?“ Ja und tatsächlich kommen wir zu der Markt- und Ladenstraße, die voller Menschen ist. Obst und Gemüse, Minze und Petersilie werden gestapelt dargeboten. Immer wieder Orangen und Orangensaft.  Männer mit großen Karren quetschen sich durch die wuselige Menschenmenge. Auch Fisch und Teigfladen werden verkauft. Doch niemand isst es etwas. Wir wuseln uns durch die Menge bis zum südlichen Tor, wo wir mittlerweile sehr hungrig tatsächlich ein geöffnetes Restaurant finden. Unsere erste Tajine „Hühnchen in Zitrone“ für nur 55 MAD/5,50€ schmeckt prima. Unsere müden Füße können sich hier etwas erholen. Außer uns, ist noch ein Europäer hier. Diese ausgestorbenen Restaurants sind ein Trauerspiel. 

Als wir auf dem Rückweg in Salé ein Eis essen, hört Rolf ein paar junge Frauen entsetzt „Ramadan“, an uns gerichtet, rufen. Das sollten wir uns also auch besser verkneifen, schließen wir daraus. Doch warum müssen Nicht-Muslime auch fasten? Es wird immer schwieriger. Am Abend auf der Dachterrasse kommt ein Spanier mit einer Bierdose. Er scheint Rolfs Mimik richtig zu interpretieren, denn kurz darauf holt er eine eiskaltes Bier für ihn. Wow, was für eine Überraschung! Er habe sein Bier aus Spanien mitgebracht hat. Klar, woher auch sonst!

 Da die Außentemperatur mittlerweile ein unerträgliches Maß erreicht hat, flüchten wir uns am nächsten Nachmittag bei 37 Grad in das Museum für moderne Kunst. In gekühlten Räumen sind Werke von sehr berühmten Impressionisten wie Monet, Sisley usw. ausgestellt. Die marokkanische Kunst im ersten Stockwerk kommt mir etwas zu kurz. Als wir Hunger verspüren, hoffe ich sehr, dass das Café „7 Art“, das ich wohlweislich vorher ausgesucht habe, geöffnet hat. Die Straßen sind menschenleer, Geschäfte und Cafes geschlossen. Vor dem Café sitzen Einheimische an den leeren Tischen und vertreiben sich die Zeit bis zum Sonnenuntergang um 19:30 Uhr. Überall Menschen vor leeren Tischen. Wir sind mittlerweile vom Ramadan sehr genervt. Vor 20 Uhr tut sich hier nichts.

Im Loose wird dieses Café als eins der schönsten in Rabat beschrieben. Doch Rolfs Enttäuschung macht sich mit einem „Das ist doch wohl der letzte Scheiß hier“ Luft. Die Pizza, die wir beide nicht aufessen, verdient ihren Namen nicht. Doch darum geht’s hier auch nicht mehr! Auch ein Vater mit einem Jungen von ca. 5-6 Jahren setzt sich an einen freien Tisch, ohne etwas zu bestellen. Der Junge schaut sich zwar die Speisekarte intensiv an, bekommt jedoch nichts. Während wir den Orangensaft trinken, schaut er mich sehnsüchtig an. Darf das Kind nun auch nichts trinken? Und das bei dieser Hitze? Ich kann es kaum mitansehen. Wir trinken Orangensaft, das Kind nichts, der Vater nichts, das Pärchen am Nebentisch auch nichts. Sie spielen Karten, die anderen mit ihrem Handy. Von Lebensfreude und Genuss ist das hier weit entfernt. Irgendwie überträgt sich diese Stimmung langsam auch auf uns. Auch wir haben keine Freude mehr daran und müssen sehr achtsam sein, dass wir uns nicht auch noch anblöken, denn wir werden immer gereizter. 

Meknès – die zweite und kleinste Königsstadt

Am Bahnhof von Meknes trifft uns bei der Ankunft der Hitzschlag … pure 39 Grad im Schatten … die Schweißdrüsen arbeiten auf Hochtouren. Das übliche Procedere: mit dem Taxifahrer verhandeln, unsere Unterkunft, das Riad Fellloussia in der Medina suchen und finden. Leider riecht es muffig und dunkel. Dafür ist es angenehm kühl. Unsere Brotration rettet uns über den Tag. Obwohl es unerträglich heiß ist, wage ich mich raus in die verwinkelten der Medina bis zu dem großen Platz, der heiß wie eine Bratpfanne danieder liegt. In den etwas verwahrlosten Restaurants seitlich des Platzes kämpfen die Kellner um jeden Gast. Jeder hält mir die Speisekarte unter die Nase. Doch ich möchte nur trinken … und zwar ein eiskaltes Bier … hier und jetzt. Okay, verspricht einer der Kellern und lockt mich unter den Sonnenschirm, wo kein Windchen mehr geht. Während mein Po auf dem wackeligen Stuhl  festzukleben scheint, bringt er mir ein „Casablanca Bier“. Ist das jetzt wahr oder nur ein Scherz? Aha, noch nie gehört. Die Farbe sieht schon mal nach Bier aus! Während ich Rolf schon per WhatsApp über meinen freudigen Fund informiere, merke ich beim ersten Schluck, dass es wie sprudelnder Apfelsaft schmeckt. Hätte ich mir doch denken können! 

Der Innenhof eines Riad

Gemeinsam schlendern wir durch den schattigen und kühleren Souk (Bezeichnung für ein Geschäftsviertel in einer arabischen Stadt) und beobachten die betriebsame Szenerie. Obst- und Gemüseverkäufer bieten in den engen Gassen ihre Waren an. Wurstringe und Fleischstücke hängen an Stäben, ein lebendig aussehender Kamelkopf gleich daneben, Pansen, Milz, Herz und weitere Innereien liegen ausgebreitet auf den Thekenbrettern und werden von Fliegen besiedelt. Der Metzger zerlegt mit der Axt weitere Knochen und ich wechsele die Seite. Auch Fisch in allen Größen wird bei diesen Temperaturen – oft ist das Eis schon geschmolzen – dargeboten. Bei einem Antiquitätenhändler kehren wir ein und halten ein kleines Schwätzchen, denn er spricht deutsch. Taschen, Jacken und Babuschkas aus Kamelleder sind die Top-Souvenirs aus Marokko. Teppiche selbstverständlich auch. Zu dieser Zeit sind weniger Touristenströme in den Gassen. Wie mag das hier wohl in der Hochsaison sein? In Mini-Werkstätten arbeiten Schreiner und Schneider. Immer wieder Schneider. In jedem Verschlag steht eine Nähmaschine, Stoffe und Nähgarn überall verteilt. 

Auf dem Weg in unser Riad kaufen wir leckere Mandeln, die ich vor lauter Hunger esse, denn wir müssen ja noch mindestens bis 19:30 ausharren. Dann machen wir uns auf in ein Restaurant, das laut Google sogar Bier haben soll. Rolf hat es herausgefunden. Doch es sieht verwahrlost und geschlossen aus. Hungrig und genervt suchen wir weiter. Dann bleibt wohl nur der Hähnchengrill an der Kreuzung. Vor dem großen Grill, der auf dem Bürgersteig steht,  setzen wir uns hin. Folglich schwitze ich noch mehr. Himmel, wo bin ich hier? Ich fühle mich wie in einer Sauna, nur dass ich auf der Straße sitze.  Zum Glück hat der Kellner meine Bestellung falsch verstanden, denn statt zwei Teller bringt er nur einen. Und der sieht so wenig appetitlich aus, dass wir uns das trockene Hühnchen mit den schlechten Fritten teilen. Mich kotzt das ehrlich gesagt an. Nach so vielen Stunden des Wartens, dann noch so ein Driss-Essen! Für mich als Kind aus der Frittenbude eine wahre Zumutung. Ich möchte endlich wieder essen, wann und was ich, vor allem genussvoller und nahrhafter. 

Unsere Stimmung sinkt wieder in den Keller. Was kann uns noch aufheitern? Was könnte eine Alternative sein? Spanien kommt aufs Tableau. Spanien lockt uns sehr, statt Ramadan Tapas an jeder Ecke und zu jeder Uhrzeit, Wein und Bier, milderes Klima mit Sonne und Meer. Und zudem könnten wir in Torre del Mar in die Wohnung meiner Mutter wohnen. 

Auf der Suche nach Bier wird’s abenteuerlich und teuer. Mit einem Taxi landen wir im Hotel IBiS, der Fahrer will einen Aufschlag für die 100 Meter mehr gefahrene Strecke haben – Rolf ignoriert sein Gezeter. Aber hier gibts Bier, 5€ die Flasche – egal, wir trinken jeder Zwei. Zu Fuß gehen wir zurück und wünschen uns zunehmend, Marokko zu verlassen. 

Auch am nächsten Tag wird es nicht viel besser. Bei 37 Grad bleiben wir tagsüber in unserem Riad. Auf der Suche nach Lebensmitteln mache ich mich am Nachmittag auf den Weg in den ein Kilometer entfernten Supermarkt. Den Schatten suchend wechsele ich beständig die Straßenseite. Erschöpft und nass komme ich nach zwei Stunden mit etwas Käse und Brot wieder im Riad an. Wieder warten wir bis zum Abend, wieder brechen wir erst gegen 19:30 Uhr zur allabendlichen Restaurantsuche auf, wieder stehen wir vor verschlossenen Türen. Da nützt weder Google noch TripAdvisor irgendetwas. Frustriert und hungrig irren wir weiter, bis wir auf der Dachterrasse am Platz Menschen sehen. Rolfs Zweifel halten mich nicht davon ab, den etwas versteckten Eingang zu suchen. Tatsächlich geöffnet, drei Etagen gehen wir hoch und sitzen wie in der Bratpfanne, denn der Beton hat sich tagsüber bei 37 Graf ja prima aufheizen können. OMG … akzeptieren und entspannen. Wie üblich gibt es Tajine mit Hühnchen oder Hackbällchen. Unsere Stimmung? Könnt ihr euch denken, oder? 

Planänderung in Fes 

Dass in Fes die Entscheidung fällt, die Reise durch Marokko abzubrechen, verwundert jetzt wohl keinen mehr. Unvorstellbar, hier noch weitere (wie geplant) 6 Wochen zu reisen. 

Da sich der Tagesablauf wiederholt, fasse ich die drei Tage zusammen. Bei entsetzlicher Hitze verbringen wir die Tage im Riad, organisieren irgendwie etwas Essbares wie Brot mit Käse und versuchen die Zeit bis zum Abend totzuschlagen. Bei schlechter Laune macht nichts wirklich Spaß. Abends laufen wir uns die Füße bei der Suche nach einem Restaurant platt, sind frustriert und genervt. Wenn wir Glück haben, bekommen wir gegen 21 Uhr irgendetwas zu Essen, denn die Angestellten müssen schließlich zuerst essen, bevor sie arbeiten. Demzufolge sitzen die Touristen hungrig vor leeren Tischen und trinken ihr mitgebrachtes Wasser. Doch schlimmer geht bekanntlich immer. Mit Bauchkrämpfen quäle ich mich auf der Suche nach einer Toilette durch die Gassen. Doch erfolglos, ohne Café keine Chance. Als meine Not immer größer wird, frage ich bei den Gerbereien im Ledergeschäft. Erlösung! Ich kann und will nicht mehr. Was ein Stress nur für eine Toilette! 

Die Färbereien von Fes

Uns reicht es nun völlig. In den ganzen zehn Monaten habe ich mich noch nicht so unwohl gefühlt wie hier. Ich spreche aus, was ich denke: „Ich möchte nicht mehr in Marokko sein. Ich möchte auch nicht mehr zurück nach Marokko! Ich möchte nach Spanien und dann nach Hause!“ Jetzt ist es raus! Rolf starrt mich an und nickt erleichtert. „Ja, ich auch.“ Wir stornieren die ausstehenden Buchungen in Chefchauen und Marrakesch, kaufen das Zugticket nach Tanger und freuen uns auf bessere Zeiten. Ich bin gerührt und froh über die Übernachtungsangebote meiner Familie und Freundinnen in und um Köln. Wir kommen schon unter. Unsere Familien zu unterstützen erscheint uns tausendmal sinnvoller, als hier in Marokko den Tag rumzukriegen. 

Die Tatsache, dass wir reisemüde sind, ist nach den vergangenen zehn Monaten nun auch nicht verwunderlich. Unzählige Eindrücke und Erlebnisse haben uns viel Freude bereitet. Doch jetzt sind wir satt. Das spüren wir vor allem daran, dass wir uns weder noch mehr Altstädte, Festungen, historische Bauten und Tore, Aussichtspunkte, noch Wasserfälle und Strände usw. anschauen wollen. Wir haben genug gesehen und erlebt. Auch mit Ramadan können wir nicht mehr mit Leichtigkeit umgehen. Reisen ist auch deswegen so anstrengend, weil man ständig weiterzieht und sich neu orientieren muss. Wo ist die Toilette? Ist die Dusche warm? Wo kann ich Geld bekommen? Welche Währung und wie sie umrechnen? Welche Grenzbestimmungen? Welche Sprache? etc … jedes Mal aufs Neue. Das ist originär Teil des Reiseabenteuers und macht auch Spaß. Doch wenn der Zenit überschritten ist, ist es eben auch Zeit zu gehen. 

Mit großer Freude informieren wir unsere Familie und Freunde, buchen den Rückflug, fahren fünf Stunden mit dem Zug nach Tanger, wo wir noch einmal übernachten, bevor es am nächsten Morgen mit der Fähre nach Tarifa geht. 

Von dort geht es weiter nach Torre Del Mar, wo wir die letzten Tage bis zu unserem Rückflug unter der andalusischen Sonne mit Ausflügen auf dem Rad (endlich mal wieder …) ins bergige Hinterland verbringen. Wir genießen das tolle Wetter bei angenehmen Temperaturen, leckerem Essen und kühlem Bier.

Hier geht dann unser Sabbatical zu Ende. Zusammengefasst waren wir 304 Tage unterwegs, haben 81747 Kilometer zurückgelegt, 13 Länder besucht und sind dabei in 189 Orten gewesen … Eine interessante grafische Übersicht darüber findet ihr auf Polarsteps. Es wird noch ein abschließender Beitrag “Vom Glück als Paar zu reisen” folgen …

Südafrika Teil I – ein extremer Kulturschock

Radtour durch Orlando, eine Township von Soweto 

Von Asien nach Afrika! Von Mumbai über Abu Dhabi nach Johannesburg. Zwei lange Flüge. Afrika, ein riesig großer Kontinent. Warum sind denn wohl so viele Plätze noch frei! Keine Touristen auf dem Weg nach Johannesburg? Wow … ich belege mal schnell eine Viererreihe und kann tatsächlich stundenlang mit Rolf im Wechsel liegend Filme schauen und schlafen.

Chico, unser Taxifahrer, bringt uns mit Einbruch der Dunkelheit in unser Guesthouse Lebo‘s Soweto Guesthouse nach Soweto. Ja, richtig gehört … Soweto, Ort der Armut, Ort der Aufstände gegen die Apartheid, Wohnort Nelson Mandelas. 

Unser Guesthouse in Soweto

Das aus rund 30 Townships bestehende Soweto – kurz für South Western Townships – zählt inoffiziell über 3 Millionen Menschen. Seit dem Aufstand von 1976 gilt Soweto als Symbol des Widerstandes in der Apartheidsära. Da wir mehr über diese Ära erfahren möchten, hat Rolf ganz bewusst hier eine Unterkunft gebucht. Empfangen werden wir freundlich und liebevoll, versorgt mit Bier und Essen in einem bunt und kreativ gestalteten Garten, dass es uns die Sprache verschlägt. Am Ende des Tages wärmen wir uns mit Fleecejacken und warmen Decken am Lagerfeuer und kommen direkt in eine angeregte Unterhaltung mit einem der Locals. Was für ein kuscheliges Gefühl! Für morgen buchen wir die zweistündige Radtour durch Orlando: 

„Best way to see Soweto! By using bicycles we easily move between the various neighbourhoods making it easy to experience life and culture and to interact with people and at the same time learning about Soweto’s rich history.“

Homepage Lebo’s Soweto Guesthouse

Die Betreiber dieses außergewöhnlichen Guesthouses, eine Schwedin und ein Südafrikaner aus Soweto, wollen zeigen, wie vielfältig das Leben in der Township ist, dass sie mehr sind als Orte sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheiten.

Beim Frühstück am wärmenden Lagerfeuer fragen wir uns, wer wohl mit dem Wohnmobil hier im Garten steht. Eine Schweizer Familie mit vier Kindern krabbelt nach und nach hervor. Während die Kinder spielen und essen, erklärt uns die Frau, dass sie das  Wohnmobil hier in Südafrika untergebracht haben, so dass sie nun zusammen mit einer Freundin – ebenfalls mit zwei Kindern – zum wiederholten Male Südafrika bereisen. Sie fühlen sich hier schon fast wie zu Hause. Überfälle hätten sie bisher nur in Europa, doch nie in Südafrika erlebt. Wir staunen über ihre Kühnheit, ihren Mumm und ihre Herzhaftigkeit. Dass sie noch fünf weitere erwachsene Kinder zu Hause haben, erfahren wir später am Abend.

Bei einer typisch afrikanischen Begrüßung mit rhythmischem Tanz und Gesang mit allen MitarbeiterInnen des Guesthouses wird so ein wunderbares Gemeinschaftsgefühl vermittelt, wie wir es zuvor noch nicht erlebt haben. Im Kreis singen und tanzen wir zu Trommelrhythmen.

Auf unserer zweistündigen Tour durch Orlando schildert unser Guide die historische Entwicklung, angefangen mit Blechhütten bis zu Steinhäusern mit Strom und Wasser. Orlando wurde 1932 als Siedlung für Schwarze gegründet und ist die älteste Township des 1963 aus mehreren Townshipsiedlungen gebildeten Soweto.

Townships sind Wohnsiedlungen für die schwarze, farbige oder indische Bevölkerung, die während der Hochphase der Rassentrennungspolitik von den 1940er bis zu den 1980er Jahren gebaut wurden. Doch die Townships sind nicht alle gleich. Die Spannbreite reicht von der Wellblechhütte ohne Strom und Wasser zum ein- bis zweistöckigem Steinhaus mit Strom und Toilette. Hier in Orlando sehen wir in erster Linke kleine Steinhäuser, die von Mauern und Zäunen umgeben sind – eine Art Mittelschicht-Township. Die Kriminalitätsrate in den Townships ist extrem hoch. Je ärmer, je stärker. Autos stehen in Garagen, weniger auf der Straße. Dafür gibt’s viel Platz auf den Straßen. Manche Häuser sehen ärmlich aus, manche wohlhabender und größer. Familien aus der Mittelklasse wohnen dicht an dicht mit Familien unterhalb der Armutsgrenze. Die einfachen Hütten aus Wellblech, Holz oder Pappe sind klein und ohne Fenster. Wie bunte Legohäuschen sehen sie von weitem aus. 

Wieviele Menschen wohl darin leben, wenn jede Frau durchschnittlich acht bis neun Kinder bekommt? Bunt gekleidete Frauen tragen ihre Kinder im Tuch auf dem Rücken. Sie grüßen uns freundlich. Die Wohngebiete wirken etwas trostlos. Wir wundern uns über die an einem Zaun einer großen Firma stehenden und auf ihr Handy schauenden Leute. Jeden Tag stehen sie hier, so unser Guide, und nutzen das Wifi der Firma. 

Wir erreichen das Hector-Pieterson-Museum, das sich mit den Geschehnissen rund um den Aufstand in Soweto und mit dem Mord an Pieterson beschäftigt. 1976 haben etwa 15.000 Schüler friedlich gegen die Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache protestiert. Zahlreiche junge Menschen wurden bei dem Schusswechsel der Polizei getötet, unter anderem auch der 12-jährige Hector Pieterson, der zur Symbolfigur wurde. Das Hector Pieterson-Mahnmal trägt folgende Inschrift:

„Honour the youth who gave their lives in the struggle for freedom and democracy. 
In memory of Hector Peterson and all other young heroes and heroines of our struggle who laid down their lives for freedom, peace and democracy.“
// „Zu Ehren der Jugend, die ihr Leben gab im Kampf für Freiheit und Demokratie. 
Zum Andenken an Hector Peterson und allen anderen jungen Helden und Heldinnen unseres Kampfs, die für Freiheit, Frieden und Demokratie ihr Leben ließen.“

In der Vilakazi Street ist das Mandela House, in dem Nelson Mandela zuletzt 1990 lebte. Eine afrikanische Tanzgruppe zeigt ihr Können mitten auf der Kreuzung. Ganz in der Nähe wohnte auch der Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu in der Bacela Street.

Die hohe Arbeitslosenquote ist nicht zu übersehen. Auffallend viele junge Männer stehen in Gruppen zusammen, sitzen vor den Hütten oder auf der Straße. Sie haben keine Perspektive, denn für weiterführende Schulen fehlt das Geld. Am Straßenrand verkaufen sie Obst und Gemüse, um wenigstens etwas Geld zu verdienen. Kinder gibt es reichlich. Müll auch. Uringestank, Scherben und Plastikflaschen.

Bei einem weiteren Stopp vor unbewohnten neu aussehenden Häuserblocks sind wir irritiert. Fünfhundert Wohnungen stehen hier hinter dem Township leer. Keiner will hier wohnen, weil er hier Miete bezahlen müsste und weil er dann nicht mehr zur Gemeinschaft im Township zugehören würde. Die Anzahl der Wohnungen reiche zudem auch nicht für mehrere tausend Township-Bewohner. Wer soll denn bestimmen, wer hier wohnen darf und wer nicht? Das kann doch nur zu weiteren Auseinandersetzungen führen. Folglich bleiben sie weiter leer und verkommen. Was für ein Unsinn!

Als wir wieder im Guesthouse ankommen, setzen wir uns in den Kreis und probieren ein traditionelles südafrikanische Bier, Umqombothi, ein Xhosa Bier, aus Hirse gebraut, das aus einem bauchigen Tongefäß getrunken wird. Selbst Rolf benötigt einige Schlucke, um sich an den Geschmack zu gewöhnen.

Umqombothi – südafrikanisches Hirse-Bier

Unseren ersten Eindruck von Südafrika möchten wir im Apartheids-Museum in Johannesburg vertiefen. Chico fährt uns bei strömenden Regen ins Museum und wartet dort auf uns, damit wir wieder sicher zurückkommen. Für uns sind diese Sicherheitsvorkehrungen ungewohnt und befremdlich. Etwas orientierungslos bewegen wir uns von Wandtafel zu Wandtafel. Die Chronologie erschließt sich uns nicht direkt. Neben Nelson Mandelas Lebensgeschichte werden die Proteste und Kämpfe in der Zeit der Apartheidsbewegung dargestellt. Tief beeindruckt, aber auch etwas überfordert mit der Informationsflut begeben wir uns mit Chico auf den Rückweg nach Soweto. 

Die ersten beiden Tage in Südafrika haben uns gezeigt, dass die Apartheid auch nach einem Vierteljahrhundert noch lange nicht überwunden ist. Südafrika hat bestimmt auch viel unternommen, um das Leben in den Townships menschenwürdiger zu machen. Viele wurden an die Strom- und Wasserversorgung angeschlossen, Schulen und Straßen wurden gebaut. Doch bleiben es Ghettos. Mandelas Vision muss eine andere gewesen sein. 

Dazu fällt uns ein Satz ein, den wir in der SZ gelesen haben:
”Es wäre an der Zeit Südafrika von den Befreiern zu befreien …”
Hier der Link zum Artikel.

Familienreise in den Kruger Nationalpark

Mit Hochspannung fahren wir zum Flughafen, denn heute treffen wir Alex, Romina, Luan und Noomi in Johannesburg. Wir wollen die Osterferien gemeinsam durch Südafrika reisen. Nachdem wir am Flughafen unsere SIM-Karten ausreichend aufgeladen haben, steigt die Anspannung.

Familientreffen in Johannesburg: Alex, Romina mit den Kindern Luan und Noomi

Gleich werden sie durch diese Glastüre kommen. Doch es dauert viel länger, als angenommen. Genau genommen fast eine Stunde länger. Meine Tränen habe ich schon dreimal wieder runtergewürgt, als sie endlich zu sehen sind. Wir freuen uns alle riesig, knuddeln und umarmen uns. So lange haben wir uns nicht gesehen! Noomi weicht kaum nach von meiner Seite. Mit einem kleineren Flugzeug fliegen wir in 40 min in den Krüger Nationalpark und landen auf dem kleinen Flughafen in Skukuza. Im Safari-Stil gestaltet ist dieser kleine Flughafen wirklich eine Augenweide. 

Der Check-In Schalter in. Skukuza

Mit dem Van, den Alex vorher gebucht hat, fahren wir endlich los und passieren das Paul Kruger Gate. Unsere Sabie River Bush Lodge liegt wunderschön am Sabie River, in dem sich gerade drei Nilpferde tummeln. Wir laufen natürlich zur Begrüßung zu den Nilpferden. Während Rolf und ich das Safarizelt beziehen, gehen die Kinder in den Pool. Das Kudu-Steak sowie der Hecht am Abend schmecken köstlich, vor allem mit dem Wein. Mit den Kindern spielen wir noch „Arschloch“ – ein Kartenspiel, das richtig Spaß macht. Da wir uns so viel zu erzählen haben, wird der Abend lang und die Weinflaschen leer. Folglich brummt mir zum Frühstück der Kopf. Wir staunen nicht schlecht, als die Elefanten am Fluss eintreffen. Frühstück mit Elefanten! 

Elefantenbesuch beim Frühstück

Selfdriving Safari im südlichen Krüger Nationalpark

Mittags geht’s dann endlich los. Unsere erste Selbstfahrer Safari. Vom Paul Kruger Gate fahren wir Richtung Lower Sabie. Neugierig suchen wir die Bäume und Büsche ab und siehe da, schon bald begegnen uns Impalas und Elefanten. Ständig stoppen wir, um Fotos zu machen. Wie im Bilderbuch sitzen die Geier auf einem Baum und fressen ihr Aas. Auf dem Boden rupfen sie das Fleisch aus dem toten Impala. Das Spektakel ist faszinierend. 

Zwischen den Hügeln sehen wir immer wieder Impalas, Wildschweine und Affen. In Lower Sabie machen wir eine Mittagspause im Mug &Bean, essen leckeren Salat und Burger mit Blick auf Nilpferde und Büffel im Fluß. Safari ist anstrengend! Ständig Ausschau halten und Tiere suchen … weiter geht’s.

Tatsächlich sichten wir im Abendlicht noch Zebras und Giraffen. Die Giraffe kommt immer näher zur Straße, sie steht ganz nah vor uns, bis sie sich erschrickt und weggeht. Die Sonne taucht die Landschaft in ein überirdisches Licht. Die Zeit drängt, wir müssen zurück zum Gate – bis 18 Uhr muss man den Park verlassen haben. Völlig geflasht von so vielen Tieren auf unserer Selbstfahrer-Safari fahren wir zurück zur Lodge. 

Unglaublich! Was soll denn da noch kommen! Mit dem eigenen Auto zu fahren, ist wirklich klasse, denn wir können anhalten und hinfahren, wo wir möchten. Einziger Nachteil ist, dass man in einem geschlossenen Auto sitzt und weniger als in einem Jeep sehen kann. 

Gegen das Malariarisiko schützen wir uns mit Malarone. Erstaunt sind wir über die wenigen Moskitos. Ob es an der Jahreszeit (April) liegt?  

Private Game Reservat „Honeyguide Lodge“

Bei all den verschiedenen Angeboten haben wir uns im Vorfeld intensiv mit der Frage, ob wir die  Safari selbst organisieren oder in einer der begehrten privaten Safari-Lodges planen sollen.

Keine Reise hat uns so viel Vorbereitungszeit und Recherche gekostet wie diese Reise. Ohne Vorerfahrungen, ohne ein Gefühl für dieses Land ist es ungleich schwieriger als nach Asien zu reisen, zumal Südafrika kein klassisches Backpackerziel ist. Da unsere  Reisekasse begrenzt ist, sind es auch die Möglichkeiten. 

Nach unserer Zeit in Asien hauen uns die Preise hier so ziemlich aus den Socken. Nach oben scheint es keine Grenze zu geben … von 100 Euros an aufwärts bis zu mehreren tausend Euros. Die hochwertigen Lodges bieten Vollverpflegung, verschiedenste Safariaktivitäten – darunter geführte Ausfahrten mit Ranger im offenen Geländewagen in die Wildnis, Buschwanderungen usw. Wir entscheiden uns letztendlich für eine gute Mischung und teilen die vier Tage entsprechend auf. Zwei Nächte im staatlichen Nationalpark mit Selbstfahrersafari und zwei im privaten Reservat.

So steuern wir am 3. Tag die „Honeyguide Lodge“ an. Auf den 80 km dorthin durchqueren wir typisch südafrikanische Siedlungen, in denen nur Schwarzafrikaner wohnen. Die Straßen sind voller tiefer Schlaglöcher. Einfache Steinhäuser und kleine Läden säumen die Straße. Um einen Steckdosenadapter zu kaufen, stoppen wir an einigen kleinen Supermärkten. Während ich mit den Kindern im heißen Auto warte, starren Einheimische ins Auto. Ich fühle mich merklich unwohl allein mit den Kindern. Nach zwei Stunden erreichen wir über eine Schotterpiste die Lodge.

Das Ambiente ist glücklicherweise nicht zu komfortabel. Die Safarizelte, die riesig groß sind mit Terrasse und Bad, liegen eingebettet in die Natur, ohne künstliche Wege und Wiesen. So fühlt man sich eher mitten im Reservat statt davor. Hier im Camp gibt es keine Zäune zum Reservat, so dass wir angehalten werden, abends nur in Begleitung zu unserem Zelt zu gehen. Das Essen im offenen Restaurant ist gut, der Service kinderfreundlich und flott.

Nach dem Briefing und dem Mittagessen freuen wir uns auf die Safari um 15:30 Uhr. Oben im Jeep ist die Sicht schon klasse. Unser Ranger, Dan und sein Ausgucker fragen. „Was wollt ihr sehen.“. Einen Leoparden und Löwen natürlich. Wie gut, dass sich der die Ranger über Funk austauschen, denn schon bald fährt er querfeldein. Ein Leopard ist im hohen Gras zu sehen. Wir wagen kaum zu atmen, halten inne und beobachten, wie er auf den liegenden Baumstamm steigt. Perfekter geht das Fotoshooting wohl nicht. Dort bleibt er auch erst mal stehen. Unsere Kameras klicken und wir sind happy. Wow, das hätten wir nicht gedacht. Unfassbar schöner Anblick, den wir bis zur letzten Minute auskosten.

Auf dem weiteren Weg durchs Reservat bekommen wir jede Menge Gnus und Wasserbüffel, Geier und Zebras zu sehen, die zusammenstehen, ihre Köpfe gegenseitig auf den Rücken legen, Zebras, die eine Hyäne jagen … sehr beeindruckend … auch ein einzelner Elefantenbulle grast vor sich hin.  Als es schon dunkel wird und wir müde werden. biegt unser Ranger zu einer Wasserstelle ab. Wir denken, er dreht hier gleich, doch dann bleibt er stehen und leuchtet mit der großen Lampe auf eine Löwen, der auf dem Boden liegt und sich nicht beirren lässt. Wow, mir bleibt der Mund offen stehen und Rolf versucht, Fotos zu machen. Wir starren auf den Löwen und können es nicht fassen. Wir sind nicht mehr als zwei Meter von ihm entfernt und kein Zaun dazwischen. Ein absolutes Highlight … für heute auf jeden Fall super!

Tatsächlich schaffen wir es am nächsten Tag um 05:30 aufzustehen. Mit der aufgehenden Sonne vor uns ruckeln wir warm eingepackt und etwas müde durch die weitaus trockenere Landschaft als im südlichen Teil des Nationalparks. Natürlich erwarten wir jetzt zahlreiche Sichtungen, da die Stiere morgens aktiver sind als in der heißen Mittagszeit. Doch nichts. Unser Guide erklärt auch nicht, wohin es geht. Unsere Augen ständig auf die Bäume und Büsche berichtet, versuchen wir irgendwo ein Tier zu sichten. Doch nichts.

So nach einer Stunde kippt die Stimmung von neugieriger Spannung bis zu frustrierter Langeweile. Die Kinder machen das einzig Richtige. Sie schlafen wieder ein. Doch dann passiert doch noch was. Ratzfatz sind wir wieder hellwach, als unser Jeep bei einigen Löwinnen stoppt, die gerade ein Gnu zerlegen. Zwei Löwinnen liegen gesättigt im Gras, während die anderen drei das Fleisch von den Knochen reißen.

Wir staunen und fotografieren wie verrückt … was ein Anblick … der Kopf und die Rippen des Gnus sind noch gut zu erkennen … das Röhren der Löwinnen ist beeindruckend laut. Die Kinder schauen genau hin. „Da ist das Auge von dem Gnu“, sagt Luan. Der Anblick ist tatsächlich überwältigend, wenn auch etwas befremdlich, dies alles so hautnah zu erleben – zwei Meter von uns entfernt. Noch nie haben wir so etwas gesehen.

Wir müssen weiter, denn einige Jeeps kommen hinzu und mehr als drei sollten nicht dort stehen. Zufrieden, erschöpft und müde kommen wir in der Lodge an. Da es um 15:30 Uhr noch ein letztes Mal auf Safari geht, brauchen wir eine Pause.

Am Nachmittag haben wir noch mal unfassbares Glück, denn ein Löwenpaar liegt im Gras. Das Männchen versucht sich mit ihr zu paaren, doch sie schüttelt ihn ab. Er legt sich hinter sie und wartet auf seine zweite Chance, sagt Dan. Wir sollen warten. Und tatsächlich … er steht auf und steigt auf die Löwin, das Maul weit aufgerissen … seine Mimik ist beeindruckend aggressiv … dazu noch sein Brüllen. Auch sie reißt ihr Maul auf, so dass alle Zähne sichtbar sind. Lange dauert es nicht. Mit dem Fotografieren müssen wir uns schon beeilen.

Anschließend legen sie sich wieder ins Gras und wirken erschöpft. Wir lösen uns von den Löwen und fahren über eine Stunde ohne Tiere zu sehen. Unser Guide bekommt einen Hinweis auf einen Leoparden. Der Jeep ruckelt über die schnurgerade Piste im kühlen Wind. Wir werden müde so kurz vor Sonnenuntergang und wickeln uns mit Decken zu. Es dauert uns zu lange. Nach einer halben Stunde sehen wir ihn dann doch noch … ein Leopard im Gras, der langsam davonläuft. Gelohnt hat sich der Aufwand nun nicht. Enttäuscht treten wir den langen Rückweg an. Dass wir im Dunkeln noch einen Geparden mit der Lampe entdecken, rettet diese Safari nun auch nicht mehr. 

Resümierend stellen wir fest, dass wir beim Selbstfahren im Süden am Sabie River so viel mehr Tiere gesehen haben, zwar aus dem Auto, doch dafür permanent. Die häufigen Sichtungen, die in der WhatsApp – Gruppe im südlichen Nationalpark gepostet werden, können wir nicht mehr ertragen wie beispielsweise 20 Elefanten kreuzen die Straße, 5 Löwen im Gras, ein Leopard im Baum, 10 Zebras am Sabie River, Hyänen jagen ein Gnu usw. … nicht zum Aushalten. 

Der Aufenthalt im Kruger mit seinen spektakulären Erlebnissen mit dessen Tierwelt hat die Rassenprobleme in Südafrika in den Hintergrund gedrängt und fast vergessen lassen. Das sollte sich aber im weiteren Verlauf unserer Reise durch Südafrika wieder ändern.

Am nächsten Tag geben wir den Van in Nelspruit ab und fliegen nach Port Elizabeth – unser nächstes Ziel ist die Garden Route