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Was wir in Indien gelernt haben …

Wo Kopfschütteln „Ja“ bedeutet

Unsere erste Begegnung hatten wir mit dem Tuk-Tuk-Fahrer am Busbahnhof in Kollam, den wir ziemlich erschöpft gegen 23 Uhr erreichten. Wir fragen ihn, ob er „Ashtamudi Villas kennt“ und er wackelt von rechts nach links und wieder zurück mit dem Kopf. Sieht lustig aus und denke mir, dass ich das unbedingt mal filmen muss. Aha, also hier in Kerala begegnen wir noch häufiger dieser Geste. Beim Versuch das Kopfwackeln zu imitieren scheitern wir. Bei uns sieht es irgendwie abgehackter aus. Es scheint in der Tat, als hätte der indische Kopf mehr Bewegungsfreiheit als unserer. Unserer Erfahrung nach wird es häufig als «Ja» verwendet. Es kann aber auch bedeuten, dass der Kopfwackler nicht weiß, wovon man spricht, dann ist es eher ein ausweichend-verlegenes «Jaja, klar» oder auch ein «Keine Ahnung», weshalb es zu Missverständnissen kommen kann.

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Indische Esskultur

„Wofür hat Gott uns die Hand gegeben?“ fragt uns ein Tuk-Tuk-Fahrer „damit wir damit essen können!“  Feinmotorisch geschickt rollen Inder den Reis in das Curry, drehen, drücken, drehen und drücken und zack … landet es im Mund. Natürlich wird nur mit der rechten Hand gegessen, die Linke hängt schlapp auf dem Schoß, da damit ja der Hintern abgewischt wird. Jedes noch so einfache Restaurant verfügt über ein Waschbecken mit Seife. In den nobleren Locations bekommt man sogar eine Schale Wasser mit Blütenblättern drauf an den Tisch gebracht.

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Höflichkeit, Hilfsbereitschaft und Kontrolle in Indien

Typische europäische Höflichkeitsfloskeln sind Indern eher fremd. Ein „Hello“, „Goodbye“ oder „Thank you“ beispielsweise fällt hier so gut wie nie. Manchmal werden wir mit einem strahlenden Lächeln beschenkt. Wenn wir mit unseren Rucksäcken beladen versuchen, uns in ein Tuk-Tuk zu quetschen, schauen uns die Männer zwar zu, helfen uns in aller Regel aber nur, wenn wir sie danach fragen. Ausnahmen gibt’ s natürlich auch, wie der ein oder andere Taxi oder Tuk-Tuk-Fahrer. Unfreundlich kommen uns die Polizisten, Wachmänner und andere wichtige Typen vor, wie beispielsweise in Flughäfen und Bahnhöfen, die uns meistens ohne Blickkontakt abfertigen, uns falsche Auskünfte geben, zum x-ten Mal die Bordkante, die Visa oder die anderen Formulare kontrollieren. Mit ernster Miene schauen sie auf das – verkehrt herum gehaltene –  Visum, studieren es gründlich, klappen den Pass zu und lassen uns mit einem „Okay“ durch. Ein paar Meter weiter steht schon das nächste „Machtmännchen“ und das Spiel beginnt von vorn. In keinem anderen Land wurden wir so oft kontrolliert wie in Indien.

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„Incredible situations“

… nenne ich die Situationen, in denen du mit deinem Latein am Ende bist … kein bisher gelerntes Muster, Modell oder Schema kann dir weiterhelfen … nichts ist so, wie du es kennst … deine Interpretationsmöglichkeiten sind zu beschränkt, als dass du irgendetwas verstehen könntest … und, wenn du glaubst, du hast irgendetwas verstanden, kommt es eh anders und du beginnst wieder von vorne. Wer das mag, ist in Indien richtig. Hier kannst du viel lernen.

Beispiele dafür kannst du erleben, wenn du mit der indischen Eisenbahn fahren möchtest. Allein das Kaufen der Tickets, das Auffinden des richtigen Abteils und Sitzes usw. sind so undurchsichtig, dass du besser bis zum Schluss daran zweifelst, dass du im richtigen Zug sitzt. Auf die Aussagen der teilweise freundlichen Inder kannst du dich leider nicht immer verlassen, da das Kopfwackeln viel mehr als nur ein „ja“ bedeuten kann. Also, „keep cool“, warte ab, was passiert. Rege dich erst auf, wenn es soweit ist.

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Hand in Hand über die Straße

Befreundete Männer und Frauen gehen Hand in Hand über die Straße, was nichts mit erotischer Liebe zu tun hat. Andererseits tauschen Frauen und Männer auf offener Straße keine Zärtlichkeiten aus, da. Auch die Kleidung sollte entsprechend bedeckt sein. Auch wenn Inderinnen mit kurzen Ärmeln oder auch einmal bauchfrei zu sehen sind, die Dekolleté und Schultern sind immer bedeckt und die Röcke lang. Besonders in Kirchen und Tempelanlagen ist es ratsam, ein Tuch oder einen Sarong dabei zu haben.

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Als Frau in Indien reisen …

Wir (2 Frauen) haben hier gute Erfahrungen gemacht … keine Grapscherei, keine gefährlichen Situationen. Im Bus immer nach vorne setzen und möglichst am Fenster oder in der Mitte sitzen, damit der neben dir stehende Mann sich nicht so nah an dich drücken kann Da das Finden des richtigen Zuges/ Busses bzw. das Umsteigen vom Zug in den Bus besonders „incredible“ ist, haben wir uns meistens jemanden gesucht, der „intelligent“ aussieht, da er dir in gutem Englisch und mit Höflichkeit weiterhilft, z.B. das nächste Ticket zu kaufen, den Busbahnhof zu finden o.Ä. Dann müsste die Weiterreise klappen! Wir haben uns nicht eingeschränkt oder stark belästigt gefühlt. Dass uns die Männer anstarren, halte ich für menschlich, da wir nun mal sehr auffallen. Dass sie dann auch noch so unglaublich gerne ein „Selfie“ mit dir haben möchten, ist lustig wie nervig, je nachdem, in welcher Situation du gerade steckst. Wenn sich dann noch jemand in Unterhose auf die Liege am Strand direkt neben dich legen möchte – obwohl andere Liegen frei sind – reicht ein entschiedenes „No“ und er zieht auch wieder davon. Also … no problem!

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Toiletten für Frauen sind ein Thema für sich. Da hat Indien noch was zu tun … in Zügen geht das eher in AC-Abteilen, sonst besser einhalten und so wenig wie möglich trinken. Auch in Beach-Restaurants ist davon abzuraten.

Reisen ist wie eine Dusche fürs Gehirn. Du siehst einfach Dinge und Menschen, die du dir nicht vorstellen konntest. So anstrengend es zeitweise auch ist, macht es auch entspannter. Du kommst nach Hause und hast so viel gesehen, so viele Erfahrungen gemacht und Situationen bewältigt. Reisen ist Training für Toleranz und Weltoffenheit … auf zu neuen Abenteuern …

India, we’ll come back …

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Kollam

Ashtamudi Villas in Kollam

 Was für eine Wohltat an diesem ruhigen Örtchen zu sein. Wie die meisten indischen Städte ist es in Kollam auch laut und der Straßenverkehr chaotisch mit dem üblichen Gewusel, weswegen wir diese Abgeschiedenheit hier am See in diesem tropischen Garten sehr mögen. Es ist sehr amüsant mit den anderen Travellern aus Frankreich, England, Deutschland usw. hier an einem Tisch zu sitzen, zu essen und zu quatschen. Mein 1. keralisches Frühstück war doch etwas scharf für mich. Die Currys hier sind ausgezeichnet … Paneer Butter Masala ist mein Favorit!

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Ayurvedische Massage

 An dem Nachmittag nach unserer Kanutour wollen wir eine original ayurvedische Massage probieren. Francis erklärte uns schon auf der Hinfahrt, dass dies eher eine Klinik sei. Das Gebäude schien schon etwas in die Jahre gekommen zu sein und an der Rezeption staunten wir über die Vielzahl an Kräuterölen. Doch ohne eine Untersuchung beim Arzt geht hier gar nichts.

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Bettina liegt  splitterfasernackt auf dem Holztisch … sie wird komplett eingeölt … komisch ist  ihr, dass der Raum eher schmuddelig aussieht, dass sie dann noch bei 38 Grad Außentemperatur in eine „Steambox“ (Dampfbox) gesteckt wird, in der es dann noch wärmer war. Bettina fühlte sich gegart wie ein Hühnchen. Duschen muss sie sich zum Schluss in einem schmuddeligem Bad.

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„Verschrieben“ hat mir der Arzt eine Gesichtsbehandlung und eine Art Lymphdrainage gegen meine geschwollenen Füße. Als ich in den Raum komme, mischt eine Frau eine Ölmischung aus verschiedenen Kräuterölen zusammen. Ich schaue mich um … Mich erinnerte der Raum eher an einen Folter- und Leichenkeller … diese Holztische mit Abfluss, dieser Galgen über mir (eine Stange mit Schlingen dran), diese sterile Atmosphäre, keine Deko oder andere nette Assecoires, schmutzige Wände und einen Ventilator, der so stark brummt und wackelt, dass ich darum bitte, ihn trotz großer Hitze auszustellen. Folglich wird eine Frau beauftragt, mich mit der Zeitung zu befächeln. Meine geschwollenen Füße werden von 2 Frauen mit Öl kräftig bearbeitet, während ich auf dem Holztisch liege … neben mir eine Herdplatte mit kochendem Wasser.

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Mir ist unbeschreiblich heiß. Wenn es mir zu weh tut, zucke ich und rufe „Pain“. Bei der anschließenden Gesichtsbehandlung hält sie mir einen Schlauch aus dem Kochtopf ans Gesicht. Der versprüht heißen Wasserdampf auf mein Gesicht. Oh Gott … mir wird noch heißer. Ohne das Fächeln der Frau wäre das nicht auszuhalten. Dann bekomme ich eine Gesichtsmaske, werde im Gesicht gezupft und gerieben, eine Maske wird mir aufgetragen, die Augen verdeckt … ich spüre den Wind der fächelnden Zeitung, mein Rücken schmerzt langsam von der harten Unterlage … die Haare werden  mit eingeölt … ich schwitze immer mehr bei dieser tropischen Luftfeuchtigkeit von ca. 80% … zum Schluss werde ich in ein schmuddeliges Bad gebracht, wo ich mir das Gesicht abwaschen soll … Tja, mit Wellness hat das nun wirklich nichts zu tun.

 Francis, unser Tuk-Tuk-Fahrer von „Ashtamudi Villas“ und die indische Küche

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Dieser tolle Typ verdient eine extra Portion Anerkennung, denn er hat wirklich alles für uns getan. Ob Zugtickets  besorgen, ATM’s finden, uns zum Festival begleiten usw., immer wieder bringt er uns zum Lachen, sein Englisch ist exzellent und sein Lebensgefühl positiv. Abends entführt er uns in ein vegetarisches  Restaurant, in dem die Inder essen.

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 Auch zu den Masala Dosas, die er uns nach der Kanutour empfiehlt, sind die Dips besonders lecker. Dosas sind große pikante Pfannkuchen, die auch schon mal als Pyramide serviert werden. Puri sind Teigfladen, die beim Frittieren riesig groß aufgehen und aussehen wie ein Ballon. Naan ist das im Tandoor gebackene, flache Brot, wozu gerne  Raita, ein mild gewürzter Joghurt mit Gurke und Ananas, serviert wird. Sehr scharf ist das Curry Vindaloo, Dhal und auch das Butter Chicken Masala. In den Zügen werden meistens Samosas, frittierte Teigtaschen mit Gemüse, und Idli (Reisbällchen) serviert.

 Als Fahrer unserer Unterkunft versteht er  sich als Kümmerer und Unterhalter. Er erklärt uns die religiösen Rituale zum Beispiel, warum Jungen und Männer geschminkt und gekleidet wie Frauen herumlaufen, welche Tempel gerade besucht werden, warum so viele Menschen gerade nach Kollam reisen usw.

Bier  trinken in Kerala

Nirgendwo sonst haben wir solche Menschenschlangen vor diesen kleinen Lädchen, die Alkohol verkaufen, gesehen. Abends stellen sich die Fischer dort an, um sich ihr beliebtes Getränk zu kaufen. Man sagt, dass der Verkauf von Alkohol stark kontrolliert wird und dass die Regierung diesen immer mehr beschränken möchte. Dass dies nun auch Auswirkungen auf uns hat, hätten wir nun nicht gedacht, denn die Mitarbeiter des Resorts scheuen keine Mühe für uns mit ihren Mopeds die Bierflaschen einzeln an speziellen Stellen (z.B. Hotels) zu besorgen. Auch für die Bootstour werden für uns extra einige Flaschen per Moped organisiert.

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