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Eve’s Resümee …

Unsere Radreise vom Brenner durch die Dolomiten in die Toskana neigt sich nun nach ca. 1000 km und über 4000 Höhenmetern dem Ende zu, das zwar etwas chaotischer abläuft als geplant, aber dafür auch aufregender. Eigentlich dürften wir jetzt hier gar nicht in dem Zug nach München sitzen, aber es hat geklappt und das ist die Hauptsache.

Als der Start am Brennero im strömenden Regen begann, dachte ich „Oh scheiße, was mache ich denn bloß hier? Das soll jetzt Urlaub sein?“ Ich war von der Schule seit Wochen und Monaten so in Anspruch genommen, dass ich mich immer weiter von mir, von meinem Inneren, von meinem Erleben und Fühlen entfernt hatte, so dass ich gar nicht mehr meine Bedürfnisse empfinden konnte. Mein Zustand war wirklich katastrophal … Und nun 4 Wochen später fühle ich mich selbst wieder so intensiv, auf mich konzentriert, so entspannt und wohl, wie schon lange nicht mehr. Am Liebsten wäre ich mit Rolf einfach weitergefahren, wochenlang …. bis Süditalien und wieder zurück …wenn unser bzw. Rolfs Po mitgespielt hätten…

Ich werde es vermissen, dieses Radfahren, stundenlang durch die Landschaften, immer hinter Rolf her, gespannt, was der nächste Tag so bringt, wo wir übernachten und essen …keine Termine … kein Druck … einfach das tun, was dir entspricht, mit dem du authentisch bist, was deinem Leben Sinn gibt, wobei du dich wohlfühlst … deinen Körper spüren mit allem Weh und Leid, aber auch die Kraft, die in dir steckt, die Ruhe, die Distanz zum Alltag …. und wenn ich mich dann davon verabschieden muss, dann kommen mir schon mal die Tränen …

Ich bin Rolf so dankbar für diese wundervolle Reise, dass er mich wieder für das Radreisen begeistert hat, für seine Geduld mit meinen Eigenarten, für das Warten an Bergen und Abzweigungen, für seine leckere Pasta vom Campingkocher, für den super leckeren Tomatensalat und vor allem für seine unglaubliche Navigation, die uns auf so wunderbaren, verkehrsarmen Straßen durch unglaublich schöne Landschaften geführt hat … die Dolomiten- Transalp ist eine traumhafte Route und wirklich gut zu bewältigen, die Berge ab Bologna dagegen eine echte Herausforderung auch für trainierte Radler … evtl. sollte ich beim nächsten Mal andere Ritzel verwenden …. Wann fahren wir wieder los?

Rolf’s Resümee …

Das »Bella Vita« liegt hinter uns und die heimischen Gefilden, in Form von Nahverkehrszügen von München nach Köln, haben uns wieder. Die Reise wäre fast im Desaster geändert, da ich unsere Rückfahrt fast vermasselt habe, indem ich in unserer Timeline das falsche Rückfahrdatum notiert hatte, sodass wir den City-Nightliner von Chiusi nach Köln verpasst haben. Jetzt bestand das große Problem, dass ohne Reservierung in diesen Zügen nichts läuft und alle folgenden ausgebucht waren – was nun …? Da half nur die »italienische Improvisation«: zum Bahnsteig gehen und Palaver machen. Nach mehreren Ansprechpartnern und viel Diskussion und noch mehr Glück ließ man uns mitfahren, obwohl kein Platz frei war. Dementsprechend war die Nacht – auf’m Gang in verschiedenen hockenden und sitzenden Positionen – komfortabel ist anders, zumal wie ursprünglich Schlafwagen gebucht hatten !! In München das gleiche Problem, in allen Fernzügen keine Stellplätze für unsere Räder – so sitzen wir jetzt in diversen Nahverkehrszügen und zuckeln gen Heimat – aber immerhin werden wir nach Köln kommen.

Eigentlich soll dieser Beitrag den Abschluss und gleichzeitig eine Resümee unserer Reise darstellen (Eve wird auch einen aus ihrer Sicht schreiben) und man könnte vermuten, dass nach dieser Geschichte und dem Verlust des Zeltes dieses nicht so positiv ausfallen wird – aber im Gegenteil.

Es waren vier Wochen, die vollgepackt waren mit den unterschiedlichsten Eindrücken. Die ersten Tage in der Bergwelt der Dolomiten mit viel Regen und Kälte, aber mit phantastischen Ausblicken. Dann der langsame Übergang in die Poebene mit seinem flachen Gelände und den steigenden Temperaturen, gefolgt von den Anstiegen des Apennin in die Toskana und dem Abschluss in Umbrien mit seinen endlosen Olivenhainen. Sich das Alles mit dem Rad und schwerem Gepäck (muss optimiert werden) zu »erarbeiten« macht das Ganze noch viel, viel intensiver.

Fasziniert bin ich auch von Eve und ihrem kämpferischen Elan, wie sie von der großen Skepsis im Vorfeld der Reise »schaffe ich diese Berge überhaupt« zu einem neuen Selbstverständnis »die Ebene ist mir zu langweilig, ich will Berge« gekommen ist – Hut ab!

Diese Radreise gehört jedenfalls zu den Highlights meiner bisherigen Touren …

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Drei Bilder, die sinnbildlich für unsere Reise sind

Ich habe noch ein persönliches Anliegen: Ich würde mich über ein Feedback des- oder derjenigen, die hin und wieder mal einen Blick auf diesen Blog geworfen haben, freuen. Mich würde wirklich interessieren, ob’s zuviel, zu langweilig, oder was weiß ich … ist. Bin für jede Art von Kritik dankbar – schreibt’s in den Kommentaren bei Facebook oder im Blog – würde mich wirklich freuen!

Von einem See zum Nächsten …

Die Weltmeisterschaft war abgehakt, unsere Tour durch die Dolomiten noch nicht. Zum zweiten Mal hatte ich eine erfolgreiche Fußball-WM in Italien mitverfolgt. 1990 hatte ich noch auf Elba gearbeitet und den Erfolg gefeiert – ich sollte definitiv alle vier Jahre nach Italien fahren … Wegen des anhaltenden Regens waren wir noch einen Tag länger am Lago di Croce geblieben – jetzt aber sollte es zum nächsten Etappenziel – dem Lago di Corlo – gehen.

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Hitze und einige (wenn auch kleine) Anstiege forderten ihren Tribut, sodass wir in Feltre mit dem Gedanken spielten, ein Quartier zu suchen, wir uns aber doch dafür entschieden, die 20 km zum Lago di Corlo in Angriff zu nehmen – es sollte sich lohnen (wie die Bilder zeigen). Ein kleiner Campingplatz, direkt am See gelegen, ließ uns einen weiteren Tag dort verbringen, einen Waschtag einlegen und den 2. Teil unserer Serie „Videos, die keiner braucht …“ „produzieren“.

Cucina campeggio from Rolf Bungarten on Vimeo.

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Von Cortina d’Ampezzo zum Lago di Croce

Die Nächte in den Dolomiten sind feucht und kalt. Ich trage also auch nach dem Duschen am Abend Beinlinge, Radhose, Radschuhe und die Softshelljacke, wünsche mir nichts lieber, als endlich mal die Kleidung zu wechseln …ein Kleid, ein T-Shirt oder ein Rock … das wäre doch mal eine Abwechslung … warum ich nichts Wärmeres dabei habe? Fragt mal Rolf, dann wisst ihr es … Nach der Ankunft mussten wir erst einmal auf den Besitzer des letzten Campingplatzes vom Toblacher See warten, da sie vergessen hatten, uns die Pässe zurück zu geben. Rolf hatte es kurz zuvor gemerkt, mit einem Ruck angehalten und ist in eine Art Schockstarre geraten. Als er alle Taschen durchsucht hatte, war klar, dass die Pässe nicht da waren … Panik, Angst, Schock … Wir sollten wir irgendwo ohne Pass übernachten können? Nachdem ich ihn etwas beruhigt hatte, fuhren wir zum Campingplatz und siehe da, der Chef ließ uns auch mit Führerschein rein.

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Während Rolf also an der Rezeption wartete, fuhr ich zum nächsten Campingplatz zum Einkaufen. Die Dolomiten vor mir waren ein unglaublicher Anblick. Mit Bierchen ließ sich leichter warten … Erleichterung, als unsere Pässe kamen. Beim Kochen fing es natürlich an zu regnen, so dass wir uns zum Essen unter einen Baum flüchteten.

Rolf wärmte mich so gut er konnte und ich hatte so viel Kleidung an wie möglich … nah aneinander liegen, die Schlafsäcke zusammen gemacht und bis unter die Nase gezogen … bloß keine Spalt lassen …. zum Glück sah der nächste Morgen schon anders aus … die Sonne kam hervor, wir packten und los ging’s den steilen Berg hinauf zur Hauptstraße …. die nächste Bar angesteuert und erst mal mit Cappuccino gestärkt … auf verkehrsarmen Nebenstraßen ging unsere Route durch die Dolomiten … ein Bahntrassenweg, der ab und zu von alten Bahnhäuschen gesäumt wurde, führte durch Wälder, an Seen vorbei mit Blick auf die 3 Zinnen … je weiter südlich wir kamen, je wärmer wurde es … die Regensachen hatten wir immer präsent … immer wieder anziehen … ausziehen … in den Tunnel … und wieder raus … und plötzlich war es so warm, dass wir nur noch im Shirt weiterfahren konnten … die Temperaturen stiegen weiter an … das südliche Klima war spürbarer … immer an der Brenta entlang zu unserem Ziel, Lago del Croce … hier wollten wir abends das Endspiel schauen … nach über 80 Km und brennenden Popos kamen wir auch dort an…. wie klug, dass Rolf gleich einen Tisch mit Blick auf den Bildschirm ab 20 Uhr reservierte … bei Pizza und Wein sahen wir das Finale und um uns herum freuten sich alle mit uns …

Venetien from Rolf Bungarten on Vimeo.