Nun sind wir zurück … seit genau 30.05.2019, denn unsere Reise haben wir früher als geplant beendet. Eigentlich wollten wir Mitte Juli wieder in Deutschland sein, den Juni noch in Marokko verbringen. Doch Ramadan und Marokkos unerträgliche Hitze haben uns nach Spanien auswandern lassen. Zudem werde ich mich um meine Mutter kümmern, die seit ihrer Knie-Operation mehr Unterstützung benötigt. Des Reisens etwas müde geworden, ergibt es mehr Sinn, sich um die Familie zu kümmern. Eine kranke Mutter, ein fünftes Enkelkind, Sehnsucht nach Freundinnen. Der Grenzübertritt von Tanger nach Tarifa beeindruckt mich sehr, denn wir werden freundlich durchgewunken. Kein Stempel, kein Geld, kein Fingerabdruck, keine böse Miene, kein Visum, einfach nichts. Kopfnicken und weiter geht`s. Rolf klärt mich auf „Wir sind in Europa!“ Mir kommen die Tränen.
Während wir mit dem Bus von Algeciras zum Flughafen nach Malaga fahren, um dort einen Mini zu mieten, fällt mir die Lebensfreude der Menschen und die Sauberkeit der Straßen auf. Jeder kann hier tun, was er möchte, egal ob essen, (Bier/Wein) trinken, im Bikini oder oben ohne am Strand liegen, im kurzen Kleid durch die Stadt gehen … das ist Freiheit, die ich lange vermisst habe. Wie glücklich können wir uns schätzen, hier in Europa geboren worden zu sein, besonders als Frau. Ich bin so dankbar für unsere Bildungsmöglichkeiten, unser Gesundheitssystem und für unsere großes soziales Netz aus Familie und Freunden.
Besuch von zu Hause
Ich hätte vorher nicht gedacht, wie wichtig Besuch von zu Hause sein kann. Endlich mal wieder mit vertrauten Menschen quatschen, nicht immer nur Traveller-Gespräche, die sich häufig um die gleichen Themen drehen.
Im Dezember haben wir uns mit Frank auf Palawan/Philippinen getroffen und haben El Nido fluchtartig verlassen. Gemeinsam haben wir eine sehr abgelegene und geheime Bucht auf Palawan gefunden, in Port Barton einen traumhafte Schnorcheltrip gemacht und Franks Drohnen-Fotos schätzen gelernt. Zum Blogbeitrag …
Mit Frank haben wir uns auf Palawan, Philippinen, getroffen. …
Ganz gespannt waren wir Ende Februar auf meine Schwester und meinen Schwager in Kalkutta. Von unserer AirBnB-Wohnung aus erkundeten wir fünf Tage lang die indischste Stadt, die wir bisher erlebt haben. Laut, wuselig, beeindruckend, chaotisch, untouristisch … es folgte der Süden des indischen Subkontinents mit Chennai, Auroville und Goa. Zum Blogbeitrag …
Mit Saskia und Jürgen in Kalkutta, Indien. …
Dass wir die Safaris im Krüger-Nationalpark in Südafrika mit meinem Sohn Alex, seiner Frau Romina und den beiden Kindern Luan und Noomi zusammen erleben konnten, war ebenso ein Highlight und ein riesiges Geschenk. Zum Blogbeitrag …
Mit Alex, Romina, Luan und Noomi im Kruger Nationalpark, Südafrika.
Ohne euch hätte uns wirklich Vieles gefehlt!
Verwirklichung eines Traumes
Jahrelang habe ich davon geträumt, einfach immer weiter reisen zu können. Ein Sabbatjahr bietet nun mal diese unglaubliche Möglichkeit. Ich wäre doch wirklich blöd, wenn ich diese Chance nicht nutzen würde. Also fragte ich Rolf im Winter 2014 „Willst du mit mir ein Jahr lang reisen?“ … “Klar, das machen wir!“ war seine spontane Antwort. Dann habe ich den Antrag gestellt. So eine lange Ansparzeit. Voller Vorfreude und Motivation arbeitete ich auf dieses Ziel hin. Besonders das letzte Jahr vor dem Start war sehr intensiv, da die Reisevorbereitung doch viel Zeit in Anspruch genommen hat. Die letzten Wochen hatten es dann noch mal so richtig in sich. Die Untervermietung entpuppte sich als Hürdenlauf, die große Abschiedsfeier erforderte alle Energiereserven.
Nach … Tagen, als wir in Marokko unsere Rückkehr beschließen, kann ich es kaum glauben, dass unsere Reise nun zu Ende gehen wird. Mit feuchten Augen denke ich an all die Erlebnisse und nehme Abschied von diesem Traum, der nun zu Ende geht. Ich nehme auch Abschied von unserer Zweisamkeit und trauere ihr nach. Bin glücklich, dass wir sie erleben konnten.
Veränderungen
Unsere Reise hat unser ökologisches Bewusstsein noch stärker in den Mittelpunkt gerückt. Der Anblicke der Müllberge in Kathmandu, Kalkutta o.Ä. , an den Stränden Balis, in den Korallenriffen auf den Togian Islands und auch die gerodeten Urwälder (Palmöl) ist kaum auszuhalten. Möglichst kein Plastik mehr, ist die Devise! Kein Obst mehr in Tüten oder Schalen, keine Plastiktüte, kein Joghurt im Plastikbecher… Dass es nicht einfach ist, versteht sich von selbst. Ohne Auto sind wir sowieso mehr mit dem Rad unterwegs. Und Fliegen macht jetzt mal eine lange Pause.
Highlights
Wir werden immer wieder nach den Highlights dieser Reise gefragt. Vietnam hat uns sehr in den Bann gezogen. Das außergewöhnliche Essen, Hanoi und die Landschaft in der Halong-Bucht, die Motorradtour im Norden Vietnams … das waren wirkliche Highlights. Auch die Abgeschiedenheit auf Kei Island/ Molukken, das Taj Mahal, die Thar-Wüste in Rajasthan, das Annapurna-Gebirge, ist , die alternative Lebensweise in Auroville, das geschäftige Kalkutta, das spirituelle Varanasi, die wundervollen Korallenriffe in Raja Ampat, die Löwen in Südafrika … doch das Beste am Reisen sind die Begegnungen mit Menschen:
die Familie auf Flores mit fünf Kindern, die wir mit kleinen Geschenken für die Kinder überrascht haben,
die Freude der Menschen auf Lombok nach dem Erbeben, als wir Reis, Decken und vieles mehr in die Dörfer gebracht haben,
die Menschen auf Kei Island und Raja Ampat, die noch so ursprünglich leben und uns Einblick in ihre Kultur gewährt haben,
die Bootsmänner auf Kei Island und Raja Ampat, die uns geduldig von Insel zu Insel gebracht und uns die besten Korallenriffe und Strände gezeigt haben,
die Crew von Tao Philippines, die sich rührend um ums und insbesondere um Rolfs Verletzung gekümmert hat,
unsere Guides in Nepal, die uns Schritt für Schritt unterstützt haben,
die Familie Gurung in Nepal, die uns ihr neues Haus gezeigt hat, dass sie u. a. von den Spendengeldern bauen konnte,
das Wiedersehen mit Lata, die sich um alleinerziehende Frauen mit Behinderung kümmert,
die Begegnung mit Elsa in der Sapana Village School in Chitwan/Nepal,
unser Fahrer Mahendra in Rajasthan, der uns zwei Wochen lang sein Rajasthan gezeigt hat,
unser Yoga-Lehrer Amogh am Agonda Beach, der uns unzählige Asanas gezeigt und mit uns geschwitzt hat,
der Besitzer vom „Sea-Star“ am Patnem Beach, der uns einen zweiten Ventilator gebracht hat,
die Fahrrad-Guides in Soweto, die uns ihr Soweto mit großer Hingabe gezeigt haben,
die Ranger im Krüger Nationalpark, die unentwegt versucht haben, den Leoparden ausfindig zu machen…
Sie alle haben uns eine andere Welt gezeigt, ihre Heimat, ihre Familie, ihre Kultur, ihr Essen, ihre Gewohnheiten, ihre Menschlichkeit und ihre Bedürfnisse. Wir sind dankbar für all diese Begegnungen. Sie alle sind gut und liebenswürdig. Wir wurden überall mit offenen Armen empfangen.
Mit zwei Rucksäcken fast ein ganzes Jahr unterwegs.
Nach dem Motto „ Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ stürzten wir uns in das größte und folgenreichste Experiment unserer Beziehung. Dass Liebe Arbeit ist, wird auch auf Reisen so sein.
Nach unseren Erfahrungen in den ersten Monaten in Indonesien spüre ich die ersten Veränderungen. Unser Leben ist nun voller Abenteuer, Action und Herausforderungen. Und wir haben Zeit … unendlich viel Zeit. Darauf hatte ich mich auch so sehr gefreut, wo ich doch so oft am Wochenende viel zu viel gearbeitet habe, statt mich zu entspannen oder mit Rolf Fahrrad zu fahren. Je abenteuerlicher und abgelegener es wird, je mehr spüre ich, wie sehr ich Rolf brauche. Dass uns unsere Beziehung im Verlauf dieser Reise immer wichtiger wird, denn ohne den anderen, würden wir diese schwierigen und auch frustrierenden, überfordernden oder nervigen Situationen schlechter aushalten, wird immer deutlicher. Die Glücksmomente bereiten noch mehr Freude und die Frustmomente sind nur noch halb so schlimm … frei nach “Geteiltes Glück ist doppeltes Glück“.
Indonesien, Kei Islands,Yoga am Strand.
Auch unsere Rollen werden klarer und intensiver. Wir sind Freunde und Reisepartner, aber auch Liebespartner. Dass wir uns auf den anderen verlassen können, wird überlebenswichtig. Ohne Visum am Flughafen zu stehen, würde zur Odyssee, wenn der andere es trotz Absprache nicht organisiert hat. Mit den Rollen klären sich die Aufgaben. Während Rolf der perfekte Finanzmanager ist, bin ich als Reiseleitung unentbehrlich. Wo fahren wir nochmal hin? Wie kommen wir von Hanoi nach Ninh Binh? Ist das Frühstück mit drin? Gibt es auch Wifi? Wie heißt das Hotel? Wie lange bleiben wir dort? Was machen wir eigentlich da? Diese sich wiederholenden Fragen beantworte ich immer wieder geduldig, während er mir unsere Ausgaben akribisch vor Augen führt und die Kontobewegungen im Blick behält. Ohne den anderen geht irgendwie nichts mehr. Natürlich fallen wir auch in Löcher, die unsere Stimmung runterziehen. Wenn der andere uns da wieder rausholen kann, umso besser. Außerdem ergibt es wenig Sinn, hier länger im dunklen Loch zu bleiben. Also, Kopf hoch, Krone richten und weiter geht’s.
Die anfängliche Idee, das zweite Halbjahr alleine zu reisen, da Rolf ursprünglich sich nur ein halbes Jahr beurlauben lassen wollte, haben wir glücklicherweise verworfen. Je länger wir reisen, je absurder erscheint mir diese auch. Die Vorstellung, Rolf zum Flughafen zu bringen und dort zu verabschieden, nachdem wir ein halbes Jahr unentwegt zusammen waren … nein, nein, das geht auf gar keinen Fall! Sturzbäche von Tränen würde ich vergießen … in solchen Momenten spüre ich es wieder … wie wichtig doch die Beziehung auf so einer Reise wird!
Jedes Land, jede neue Kultur stellt uns vor neue Herausforderungen. Jeder Ortswechsel erfordert, dass wir uns neu orientieren. Unsere Anpassungsfähigkeit ist extrem gefragt. Das schweißt auch die Beziehung zusammen, denn diese neuen Erlebnisse, Anforderungen und Entscheidungen, die es in dieser Art in Köln nicht gibt, gemeinsam zu bewältigen, geben uns noch mehr Kraft.
Vietnam, Kochkurs in Hanoi.
Wie wunderbar es ist, alles miteinander teilen zu können, die traumhaften sowie die schrecklichen Momente, das fürchterliche Essen in Manila oder die usselige Unterkunft in Pushkar, die farbenreichen Sonnenuntergänge auf Kei Island, die Freude der Familie auf Flores, der Kochkurs in Vietnam, Rolfs Verletzung durch Seeigel auf den Philippinen, unsere Yoga-Stunden in Goa, die anstrengende Trekkingtour in Nepal, die kalten Nächte im Annapurna-Gebiet, die nicht funktionierende Klospülung, unsere unzähligen Restaurantbesuche und so vieles mehr. Was gibt es Schöneres, als all dies mit seinem liebsten Partner zu erleben? Diese Erinnerungen sind unsere Goldmine. Wenn wir (noch) älter sind, können wir darin schwelgen und uns vor Lachen kringeln.
Damit sich jeder auf so einer Reise wohlfühlen kann, ist es gut, die Gewohnheiten des anderen zu kennen. Dass Rolf morgens beim Kaffee seine Ruhe braucht, dass ich wegen Hitzewallungen körperlichen Abstand, Fächer und ein Schweißtuch brauche, dass ihn nasse Klodeckel und mich seine schmutzigen Sandfüße nerven … Auf diese Eigenarten ist Verlass!
Philippinen, Kontakt mit einem Diadem-Seeigel, 80 Stiche in einer Hand.Philippinen, Unterwegs mit TAO-Philippines auf Palawan.
Natürlich streiten wir uns auch, doch das sind keine verletzenden Auseinandersetzungen. Manchmal gehen wir uns dann eine zeitlang aus dem Weg, finden am gleichen Tag auch wieder zusammen.
Selten verbringen wir Zeit getrennt voneinander. In schwierigen Situationen hilft es sehr, wenn einer die Ruhe bewahren kann. Als eingefleischte Optimistin versuche ich das Positive hervorzuheben und sorge für die Erfüllung der wichtigsten Bedürfnisse wie Essen, Bier, Wifi, Bett. Ich muss auch nicht mehr alles verstehen. Schon mal gar nicht in Indien. Das ist eh nicht möglich, ob der mangelnden Verständigungsmittel und kulturellen Unterschiede. Gleichmut …Om Shanti … alles wird gut …!
Danke, Rolf, dass wir dieses Abenteuer gemeinsam erleben durften!
Indonesien: Kei Islands I.Indonesien: Kei Islands II.
Trekking in Nepal ist ein Muss für Naturliebhaber und Bergfreunde. „Du glaubst doch nicht, dass ich 8 Tage in Pokhara verbringe ohne eine Trekkingtour ins Annapurna Massiv gemacht zu haben“, so Eves Ansage. Sie hat ja so recht, doch überkommen mich Zweifel. Und je mehr ich darüber nachdenke, je mehr fallen mir ein. Darin bin gut, keine Frage. Angefangen von meinen Knieproblemen, meinem Alter bis hin zu meinem vermeintlich schlechten Fitnesszustand.
Aber es kommt ganz anders! Der Trek wird ein weiteres Highlight unserer Reise. Ich werde unendliche viele und steile Treppen steigen, froh über die Trekkingstöcke und die Eiskrampen sein, in aller Früh und Kälte den Sonnenaufgang über dem Fishtail bestaunen, unseren Salik und Ramesh ins Herz schließen, das gesamte Annapurna- und Dhaulagiri-Massiv bei traumhafter Aussicht erleben, Eve unterstützen und anfeuern, nachts wärmen und ein Riesenschreck wird mir durch die Glieder fahren …
Doch nun von vorne …
Mr. Happy von Happy Trek rät uns, den Trek gegen den Uhrzeigersinn in 5 Tagen zu gehen. Die 3500 Treppen von Ullerie könnten wir uns ersparen, denn ein Jeep könne uns in Banthanti abholen. Die Nacht vorher sind wir etwas aufgeregt und schlafen entsprechend unruhig.
Tag 1: Pokhara – Nayapul – Kimche – Ghandruk (1940m)
Mit Daunenjacken, Schlafsäcken (alles von Happy Trek), warmer Unterwäsche und Socken, Mützen und Handschuhen, Stulpen und Schlauchschals starten wir mit dem Jeep die abenteuerlichste Tour, die wir je erlebt haben, Richtung Kimche. Salik, unser Guide und Ramesh, unser Porter organisieren unsere Permits. Hinter Kimsche endlich raus aus der Schaukelkiste und rauf auf die Berge. Immer noch Reisefieber. Zur Einstimmung geht es schon mal auf steilen Treppen bergauf. Wir ahnen ja noch nicht, wieviele Treppen noch kommen werden.
Ghandruk
Nach einer guten Stunde erreichen wir Ghandruk, das wohl schönste Dorf auf dieser Tour. Mit seinen alten Steinhäusern und dem alltäglichen Dorfleben bekommen wir hier einen Einblick in das Leben in der Bergwelt des Himalayas. Im Simon Guesthouse bekommen wir sogar ein Zimmer mit Dusche, was wir in den nächsten Tagen vermissen werden. Nach jedem Essen bekommen wir von Salik und Ramesh einen großen Obststeller, liebevoll angerichtet. Wir sollen scheinbar gut essen. Das gibt Power für die nächste Etappe. Bei einem Besuch im Dorf und im Gurung-Museum informiert Salik über die Lebensweise der Gurung.
Tag 2: Ghandruk (1940m) – Bhaisikharka – Tadapani (2660m)
Um den Sonnenuntergang über dem Fishtail zu erleben, quäle ich mich aus dem warmen Bett. Ein wahnsinnig schöner Anblick. Während wir unser Powerfrühstück „Porridge“ zu uns nehmen, wärmt die Sonne wunderbar. Mit Blick auf das Dhaulagiri- und Annapurna-Massiv laufen wir heute vorwiegend über steile Treppen nach oben. In Baisikhara machen wir eine längere Pause, trinken Hot Lemon, essen Bananen und Snickers. Mit den beiden Jungs wärmen wir uns immer weiter an. Bald nennen Sie uns nur noch Baa (Papa) und Aama (Mama) – gefällt uns besser als Oma und Opa, wie wir auch schon genannt wurden. Wir sollen sie mit Chora (Sohn) ansprechen, denn wir seien wie eine Familie.
Morgens früh um 7
Salik zeigt auf den vor uns liegenden Berg auf die Stelle, wo wir ihn überqueren werden. Also weiter nach oben, Treppe für Treppe, Kurve um Kurve. Allmählich verlassen wir den grünen Dschungel mit den Rhododendron-Bäumen, die leider noch nicht in Blüte stehen, und gelangen in den Schnee. Die Eiskrampen werden unsere besten Freunde, nachdem wir uns daran gewöhnt haben. Die eisigen Stellen hätten wir ohne sie kaum geschafft. Das letzte Stück hat es dann noch mal so richtig in sich. Eve gibt alles, um oben anzukommen. Endlich am Hotel Panorama Point oben nach 5 h angekommen, genießen wir die letzten Sonnenstrahlen. Der Bollerofen im Restaurant ist die Rettung vor dem kalten Wind draußen. Das wird hier eine richtig kalte Nacht, denn draußen ist überall Eis.Hot Lemon wird unser Lieblingsgetränk – Bier ist erstmal außen vor. Das Zimmer ist noch kleiner und spärlicher als das Letzte. Die dünnen Holzwände schützen keineswegs vor der Kälte. Mit zwei dicken Decken auf den Schlafsäcken wärmen wir uns.
Ohne Eiskrampen an den Schuhen läuft hier nix
Tag 3: Tadapani (2660m) – Deurali (3188m)
Wieder klopft es früh an unserer Tür … Salik ruft zum Sonnenaufgang und wieder bin ich fasziniert von dieser Kulisse beim Sonnenaufgang – keine Wolke am Himmel. Gerade bin ich dabei, meinen Kaffee zu genießen, höre ich hinter mir ein Poltern und Eves Schreie. Mir fährt der Schreck und die Panik in die Glieder, als ich sehe, dass Eve auf der vereisten Treppe ausgerutscht und auf den Rücken geknallt ist. Mir gefriert das Blut in den Adern. Vorsichtig helfen wir ihr auf und stellen mehr oder weniger erleichtert fest, dass es wohl “nur” Prellungen sind, die Eve aber auf unserer heutigen Königsetappe heftigst leiden lassen.
Von Anfang an tragen wir die Eiskrampen, ohne die wir es wohl nur unter größten Anstrengungen geschafft hätten – wenn überhaupt. Ungläubig verfolgen wir die uns entgegenkommenden Chinesen (Ach … die Chinesen wieder !), ohne diese Hilfen, auf dem Hosenboden herunterrutschend, von ihren Guides abgebremst, damit sie nicht im Abgrund verschwinden …
Immer wieder müssen wir eine Pause machen, da Eve aufgrund der Prellungen Probleme beim Atmen hat. Salik zeigt sich aber immer wieder als umsichtiger Guide, der ihr jederzeit seine Unterstützung gibt. Die Pausen geben uns auch immer wieder Gelegenheit, die immer noch schneebedeckte Landschaft mit zu Eis erstarrten Wasserfällen und die Blicke auf die Giganten zu genießen. Trotzdem freuen wir uns, als das Ziel – Deurali – erreicht ist.
Wir erholen uns bei den letzten Sonnenstrahlen des Tages, bevor wir uns in den Aufenthaltsraum verziehen, wo der Bollerofen wieder eine wohlige Wärme verbreitet. Eve verbringt den Abend, im Schlafsack eingelullt, am Ofen und wir hoffen, dass Ibuprofen und Salbe zu ihrer Besserung beitragen. Irgendwann raffen wir uns auf, verlassen die wohlige Wärme und verziehen uns in unsere Schlafgemächer. In Thermowäsche, Schlafsack und zwei Bettdecken gehüllt, hoffen wir, in der Nacht nicht raus zu müssen, denn überall lauern wieder die Eisplatten.
Tag 4: Deurali (3188m) – über Happy Hill (3250) nach Ghorepani (2870m)
Heute erwartet uns der Deaurali Pass, der höchste Punkt unserer Tour (3308m), mit dem anschließenden Namensgeber des Treks, dem Poon Hill. Nachdem wir den Pass hinter uns gebracht haben, geht es nur noch bergab zum ersten Höhepunkt, dem Happy Hill, von dem wir eine phantastische Sicht auf das Annapurna und Dhaulagiri Massiv mit solch klangvollen Namen wie Himchuli, Nilgiri, Fishtail, Gangapurna, Tukuchepeak und Barahasikha haben – wir können uns nicht satt sehen. So sehen es aber auch viele andere Trekker, die sich um diesen Ausgangspunkt scharen (vor allem wieder … richtig! Chinesen!!). Glücklicherweise war es der einzige Punkt wo es sich so geballt hat – ich möchte nicht in der Hauptsaison hier sein.
Die Blick von Happy Hill …
Die tolle Sicht vom Happy Hill und die Tatsache, dass man am Poon Hill das Ganze nicht toppen kann, überzeugen uns, sich die letzten Höhenmeter dorthin zu sparen und den Abstieg nach Ghorepani in Angriff zu nehmen. Noch ein paar lustige nepalesische Rodelpartien auf Plastiksäcken und wir ziehen los … In Ghorepani erwartet uns eine komfortable Unterkunft mit heißer Dusche, die bei mir aber jäh mit eingeseiften Haaren endet und mit eiskaltem Wasser seinen Abschluss findet – das habe ich nicht verdient! Umso mehr freut sich Eve, die jetzt in Genuss einer neuen Gasflasche mit anschließender heißer Dusche kommt – was tut man nicht alles für seine Liebste 😉
Den Abend verbringen wir – richtig – am Bollerofen im “Wohnzimmer”, erledigen unsere Socialmedia-Aktivitäten, plaudern mit unseren Chōrāharū, Salik und Samesh, bevor wir uns unter unseren (diesmal ohne Schlafsäcke) Plumeaus verkriechen.
Tag 5: Ghorepani (2870m) – Banthanti (1210m)
Heute ist Abstieg angesagt, 600 Meter nur bergab, die Eisplatten werden weniger und die Wolken mehr. Nach fünf traumhaften Sonnentagen zieht sich die Wolkendecke langsam zu. Wir schauen nach oben und sehen einen wolkenverhangenen Himmel. Happy Hill ist komplett in den Wolken verschwunden und damit auch die traumhafte Sicht auf die Giganten. Was haben wir für ein Glück mit unserem täglichen Sonnenschein und der klaren Sicht gehabt.
Salik, unser Guide, immer für ein Spässchen zu haben
Die dichten Wälder haben uns wieder eingehüllt. Es geht vorbei an Flussläufen, über Brücken und steile Stufen – meine Knie mucken nicht auf. Noch einmal begegnen wir Trägern, die, nur mit Turnschuhen an den Füßen, 40 Kilogramm und mehr hoch schleppen – unglaublich! Die einzige Alternative, alles Notwendige zum Leben auf die Berge zu transportieren, sind Mulis, ebenfalls schwer bepackt.
Die einzigen Möglichkeiten, Material und Dinge des täglichen Lebens zu transportieren
Schließlich erreichen wir Banthanti und fallen uns alle überglücklich in die Arme, dass wir dieses Abenteuer mit so tollen Menschen erleben durften und wie belohnen wir uns? Mit dem ersten Bier seit unserem Aufbruch … köstlich! Zum letzten Mal genießen wir ein Abendessen, die liebevoll hergerichtete Obstplatte von Salik und Ramesh und die Nacht in einem Teahouse.
Tag 6: Rückkehr nach Pokhera
Am nächsten Tag steht nur noch die Rückfahrt mit dem Jeep nach Pokhara an, wo wir uns mit Tränen in den Augen von Salik und Ramesh verabschieden, die uns doch sehr ans Herz gewachsen sind und uns ein Erlebnis der besonderen Art, ein unvergessliches Abenteuer beschert haben – dafür sind wir euch unendlich dankbar. Auch für die perfekte Organisation von Happy Trek, die es uns an nichts hat fehlen lassen – DANKE!
Wir waren ein tolles Team
Wir verbringen noch eine letzte Nacht in Pokhara, genießen den Luxus im Hotel, den perfekten Cappuccino, bevor wir am nächsten Tag mit dem Bus zurück nach Kathmandu fahren. Wir treffen uns noch einmal mit Rolf Schmelzer, mit dem wir einige wunderschöne Tage in Kathmandu und Chitwan erleben durften, und verbringen zusammen noch einen kurzweiligen Abend – Danke Rolf, für diese gemeinsame Zeit, es war mir eine große Freude (unser gemeinsame Art von Humor hat dazu beigetragen)!
Am nächsten Tag steht das nächste Abenteuer an: Indien. Für mich eine vollkommen neue Erfahrung und ausgerechnet Varanasi als Start – heftiger geht nicht! Aber es sollte besser laufen, als ich mir das vorgestellt hab – Eve steht schon mit ihrem Blogpost in den Startlöchern …
Vom Strandleben in die Großstadt. Von den Philippinen ins Himalaya. Schon beim Landeanflug auf Kathmandu luken die Achttausender durch die Wolkendecke. Durch die Berge vor dem Kathmandu-Tal müssen alle Flugzeuge hindurch. Das Prozedere mit dem Visum klappt nach ein paar Stolpersteinen mit den neuen digitalen Scan-Automaten. Wir freuen uns sehr auf Rolf Schmelzer, der mich bei meinem ersten Besuch im August 2015 zu den Erdbeben-Projekten begleitet hat. Nach einer herzlichen Begrüßung mit Nepal-Tüchern werden wir ins Hyatt-Regency gebracht.
Willkommen im Hyatt in Kathmandu, Nepal
Ja, richtig gehört! Rolf Schmelzer lädt uns ein als Dankeschön für unseren Einsatz hier nach dem Erdbeben. Mannomann, so luxuriös! In dem wunderschönen Spa organisiere ich meine Massage für morgen und lasse mich von dem Friseur zu einem Hair-Spa überzeugen. Mit lockeren und gut geföhnten Haaren erscheine ich zur Happy Hour.Hier können wir nach Herzenslust über das Fingerfood-Buffet und den Wein herfallen, alles inklusive.Welch ein Genuss … Riesling und Käse! Nach dreieinhalb Jahren haben wir genügend Gesprächsstoff. Die Weine schmecken so köstlich, dass mein Kopf in der Nacht schon brummt. Nach einem gigantischen Frühstücksbüffet und meiner Himalaya Herbs Massage ziehen wir um ins reale Leben. Einmal durch den Park des Hyatts und prompt stehen wir vor dem Ti-Se Guesthouse.
Kathmandu
Natürlich lässt Rolf sich gerne von mir zur Boudanath Stupa führen. Die Kühle vom Morgen weicht nun den warmen Sonnenstrahlen. Wir umrunden die Stupa, staunen hier und da, wie sich Menschen auf die Knie fallen lassen, beten und Gebetsmühlen drehen. Für Timmy (heute Geburtstag) und Papa zünde ich Butterlämpchen an. Weiter geht es nach Thamel zum HUB – dem Büro von Socialtours nebst angeschlossenem Café. Endlich plaudern wir mit Raj und Birgit bei einem Karma Coffee persönlich. Sein Tipp, zum Visa-Agenten zu gehen, erweist als genial. Im Copy-Shop neben der Immigration sitzt besagter Herr Agent. Für 135€ pro Visum regelt er das Ding, während wir mit unserem 2. Pass weiterreisen können. Falls es Probleme gibt, meldet er sich. Wir hoffen nicht! Da Thamel nun mopedfrei ist, macht das Bummeln hier nun mehr Freude. Wie gerne würde ich mir hier ein paar Klamotten kaufen! Sobald die Sonne untergeht, wird es im Nu kalt. In Sam‘s Bar trinken wir Bier bzw. Lemon-Tee und wärmen uns am Lagerfeuer! Ein kleines Taxi bringt uns durch den chaotischen Verkehr zurück. Rolf Schmelzer sagt, die Hauptstraße soll bald ganz neu gemacht werden. Okay, doch jetzt beherrschen Staub und Schlaglöcher diese Straße.
Auf den Gebetsfahnen schreibt Eve die Namen unserer nächsten Verwandten …… und werden anschließend an der Stupa aufgehangen
Nach einer kalten Nacht in Fleecejacke zieht es uns noch mal zur Stupa hin. Dieser magische Ort lässt einen so schnell nicht mehr los. Heute ist ein besonderer Tag, denn man kann sieben Gebetsfahnen kaufen und mit den Namen seiner Liebsten beschriften. Diese sieben Fahnen werden aneinandergebunden, nach oben gebracht und an einer der vier Ecken aufgehängt. Da bin ich natürlich dabei! Alle Familienmitglieder kommen auf die Fahnen. Von einem Rooftop-Café haben wir einen fantastischen Blick. Wir verfolgen mit Adleraugen, wo die Gebetsfahnen letztlich angebracht werden. Da heute noch ein sehr wichtiger Besuch bei Lata ansteht, müssen wir uns losreißen. Ihre Adresse habe ich auf Google Maps gespeichert und so gehen wir naiv davon aus, dass ein Fahrer sie schon finden wird.
Berührender Besuch bei Lata Koirala
Ein Taxifahrer kämpft sich durch die staubigen Straßen, zwischen hupenden Autos, LKWs, Bussen, Mopeds und Fußgängern. Polizisten versuchen in der Mitte einer Kreuzung das schlimmste Chaos zu vermeiden. Zwischen Müll, Staub und Abwasser wurschteln sich Obstverkäufer und Fußgänger hindurch. Schon bald verändert sich die Straße in einen unbeschreiblichen Off-Road-Zustand. Eigentlich nur mit mit einem Jeep befahrbar. Unser Fahrer gibt wirklich alles, telefoniert immer wieder mit Lata, kehrt um, probiert andere Wege. Hui … das hatten wir uns doch etwas einfacher vorgestellt. Doch plötzlich kommt ein „Here we are“ und tatsächlich, wir stehen vor ihrem Haus, das sich hinter eine Art Baustellenzaun verbirgt. Auch hier baut die Regierung eine neue Straße und hat vorausschauend schon mal den Vorgarten in eine Baustelle verwandelt. Über Bretter steigend nähern wir uns der Tür, in der Lata schon wartet. Mit Tränen in den Augen umarmen wir uns intensiv. In einem Kinderzimmer nehmen wir Platz auf dem löchrigem Sofa und schauen uns an. So lange haben wir auf diesen Augenblick gewartet. Nachdem ich Kathmandu Ende August 2015 verlassen habe, ist kurz darauf ihr Mann, Christian, an Dengue-Fieber gestorben. Für Lata, die selbst körperlich gehandicapt ist, war dies ein Schock … ein Trauma.
Lata
Lata und Christian haben mich damals auf meiner Reise begleitet und sind zu Freunden geworden. Sein Tod hat mich so intensiv berührt, dass ich ein Ölbild von den Beiden gemalt habe. Dank an Alex, dass es vorher in Kathmandu angekommen ist. Nun hängt es hier im Flur. Erinnerungen kommen auf. Christian, ein guter Freund von Rolf Schmelzer, hat als Fotograf einige Hilfsprojekte ins Leben gerufen. Mittlerweile setzt Lata mit ihrer Stiftung „Koirala-Kessler-Foundation“ Christians Lebensziele fort. Mit ihrer Stiftung unterstützt sie verwitwete, alleinerziehende und gehandicapte Frauen und deren Kinder. Zur Zeit leben fünf Kinder und eine traumatisierte Mutter in dem Haus. Zudem haben Frauen aus der Umgebung die Möglichkeit an Handarbeit-Workshops teilzunehmen, in denen sie Kinderkleidung, Taschen, Untersetzer usw. nähen. Von dem Verkauf und den Spenden finanziert sie die anfallenden Kosten. Von der Regierung bekommt sie für ihre Arbeit keine finanzielle Unterstützung. Zwei junge Frauen unterstützen Lata, da sie selbst wegen ihrer Muskelerkrankung nur mit Hilfe von Krücken laufen kann.
Wir staunen über ihren unermüdlichen Einsatz, wo sie es doch selbst so schwer hat. Die 100€, die ich ihr in Rupien von den Spenden unseres Abschiedsfestes schenke, nimmt sie mit großer Freude und Dankbarkeit an. Da ein Mädchen mit Gelbsucht im Krankenhaus liegt, fährt sie mit uns im Taxi zurück. Von dem Geld wird sie einen Teil der Krankenhauskosten bezahlen. Der Abschied fällt mir extrem schwer. Wir drücken uns lange, winken und weinen. Mir geht es sehr nah, zu sehen, wie sie dort lebt, mit ihrer eigenen Behinderung, wie sie andere Frauen noch unterstützt, wie wenig sie hat, wie wenig sie sich wünscht, benötigt und – meine Güte … was sind wir verwöhnt! Ich wünsche ihr weiterhin viel Kraft und Energie, diese Lebensaufgabe zu bewältigen.
Herzliches Wiedersehen mit Familie Gurung
Bei Regen sieht Kathmandu noch schmuddeliger und chaotischer aus. Mit dem Jeep fahren Rolf und ich mit Rolf S. Richtung Chitwan. Die ersten 30 km durchs Kathmandu-Tal sind zäh. Fast zwei Stunden vergehen auf dieser von Schlaglöchern zersetzten Straße. Die entgegenkommenden indischen LKWs sehen zwar bunt, aber wenig sicher aus. Häufig haben sie einen Schaden oder Platten und werden von völlig übermüdeten Indern gefahren. Nach ca. fünf Stunden erreichen wir endlich Bhim Gurungs Kiosk direkt am Highway nach Chitwan. Dort sitzt er mit seiner Frau und seinem halbjährigen Baby und strahlt uns an. Vor Dreieinhalb Jahren habe ich ihm 1500€ in einem Rucksack zum Neubau seines Hause übergeben. Diesmal zeigt er wirkliche Freude! Im Nu wird Reisschnaps herumgereicht, Fotos von damals gezeigt, viel gelacht und erzählt. Den kleinen Jungen im rosafarbenen Overall habe ich bald auf dem Arm. Bhims Frau dachte schließlich, sie bekäme ein Mädchen.
Bhims jüngster Nachwuchs
Natürlich gehen wir auch zu dem neuen rosafarbenen Haus. Eineinhalb Jahre hatten sie damals zu zehnt in dem Stall gewohnt, bis sie mit dem Bau anfangen konnten. Immerhin fehlen den versprochenen 3000$ von der Regierung immer noch 1000$. Mit unserer Unterstützung und der von anderen Helfern über Rolf S. konnte die Grundfinanzierung abgesichert werden. Als Bhim erzählt, dass sie wahrscheinlich den Mietvertrag für das Kiosk nicht verlängert bekommen, reagiert er mit „Dann machen wie eben woanders eins auf!“ Für deutsches Sicherheitsdenken unvorstellbar. Zum Abschied überreiche ich ihm die Ölkreiden für seine Tochter, die mit acht Jahren im Internat lebt. Er bedauert, dass er sie nur alle 14 Tage besuchen kann. Mit acht Jahren alleine von zu Hause weg! Auch das ist für uns unglaublich!
Bhims neues Haus
Alles im grünen Bereich in Chitwan
Endlich wieder in der Sapana Village Lodge in Sauraha. Auf dem Weg dorthin freue ich mich schon auf die Elefanten, die zur Lodge gehören, auf den großen gepflegten Garten mit den liebevollen gestalteten Häusern direkt am Fluss, wo wir auf der Terrasse sitzend die Nachmittage in der Sonne verbringen werden. Die Kälte und den Nebel am Morgen werden mit Kaffee im Bett überbrückt. Beim Frühstück auf der Terrasse können wir uns einfach an den Anblick der Elefanten am Fluss nicht sattsehen. Ein Schakal, ein Seeadler und ein paar Wasserbüffel schauen auch noch vorbei. Die Tage verlaufen sehr relaxed. Keine fixen Programmpunkte. Ein paar Tage Pause vom Reisen. Dem Elefantenjungen, Samrat, füttert Rolf mit Bananen. Mir ist das immer noch nicht so geheuer. Seine Großmutter, Luckykolli, genießt hier ihre Rente.
Raubtierfütterung
Ochsenkarrentour durch die Tharu-Dörfer
Wir haben die Gelegenheit mit Samtosh, ein Guide unserer Lodge, die freundlichen Tharu und Ihre Lebensart kennenzulernen. Zuerst durchqueren wir mit einem Ochsenkarren den flachen Fluss, um auf die andere Seite zu kommen. Da die Ochsen noch jung sind und leider das erste Mal durchs Wasser laufen, wird es arg ruckelig. Die naturverbundenen Tharu, ein Volk der Terai im Süden Nepals, bezeichnen sich als Menschen des Waldes, denn in den Urwäldern zwischen Indien und Nepal haben sie lange Zeit isoliert gelebt. Sie haben eine eigenständige Kultur entwickelt und sind seit jeher Buddhisten. Auch Bhudda war ein Tharu! Man sagt, sie können in der flachen Ebene trotz der Moskitos überleben, gegen Malaria seien sie vermutlich immun. Andere ethnische Gruppen sind im Laufe der Besiedelung wegen der Moskitos in die Berge gezogen. Die kleinen lehmfarbenen Häuser mit ihrer Bemalung fallen sofort auf. Keine Fenster, nur Luftschlitze, gebaut aus Elefantengras und Lehm. Am Hausbrunnen wird sich gewaschen und Geschirr gespült. Auf den Feldern bauen sie Reis, Senf, Mais und Weizen an. Zur Zeit ist der Senf reif, aus dem sie Senföl herstellen. Kühe, Ziegen und Hühner gibt es in fast jedem Haus, meist direkt nebendran im Stall. Abends wird vor den Häusern ein Feuer angezündet. Die Tharus sitzen davor, plaudern und wärmen sich. Die Häuser und Straßen wirken sauber und friedlich.
Die Tharus scheinen hier ein gutes Leben dank des zahlreichen fruchtbaren Ackerlandes zu führen. Doch die aus Stein gebauten Häuser nehmen immer mehr zu, die kleinen Lehmhäuser dagegen verschwinden zunehmend. Das ist schade, denn ihre Kultur wird so aufgegeben. Damit die Tharus wieder stolz auf ihre Kultur sind, werden Homestays in den Dörfern angeboten und Kulturexkursionen dorthin gemacht.
Dschungelabenteuer auf der 20.000 Lakes Tour
Dass diese Tour ein absolutes Highlight wird, ahnen wir ja noch nicht.Wir haben keine Ahnung, was uns auf dieser Tour überhaupt erwartet. Mit dem offenen Jeep werden wir in 20 min mit dem Ranger, Rolf S. und zwei Frauen in der Ranger-Ausbildung in die sog. Buffer-Zone des Chitwan-NP gebracht. Im Schritttempo durchqueren wir auf Waldwegen den Dschungel. An einem See, der von orangefarbenen Streifen (Eisen) durchzogen ist, legen wir einen Stopp ein. Es sieht sehr mystisch hier aus. Diese Spiegelung der Bäume im Wasser, die wechselnden Farben des Wassers. Mit den Ferngläsern sichten wir Rehe und Hirsche. Ein Stück weiter entdeckt eine der jungen Frauen ein Nashorn im hohen Gras – mit unseren Augen kaum zu erkennen. Mit den Ferngläsern erhaschen wir den Rücken. Unser Ranger erklärt uns, dass wir großes Glück hätten. Wir warten und sichten. Hinter uns drängelt ein Jeep mit Chinesen, den wir gerne vorbei lassen.
So nah … ein Rhino
Der Jeep fährt vor und zurück. Unser Ranger will warten, denn er vermutet, dass das Nashorn zu uns kommen wird. Und tatsächlich … das Warten hat sich gelohnt. Nach einigen Minuten kommt das große Nashorn-Männchen hinter den Büschen hervor und ist in voller Größe zu sehen. Wir erstarren. Das Nashorn scheint unbeeindruckt von uns weiter zu grasen. Wir können es kaum fassen, was da so nah vor uns steht. Total fasziniert von diesem Urtier, das am Po zwei blutige Wunden hat. Auf dem Rückweg entdecken wir an einem ebenso mystischen See jede Menge Krokodile … zum Glück an der gegenüber liegenden Uferseite. Ein sehr friedlicher Ort inmitten dieses Dschungels. Sobald die Sonne untergeht wird es merklich kälter, besonders in diesem offenen Jeep.
Sapana School – ein neues Konzept in Nepal
Am Abend vor dem Besuch der Schule werden wir von Elsa Geilmann, eine Holländerin, die mit Dhurba (Besitzer der Sapana Lodge) vor vielen Jahren die Idee zu der Schule hatte, herzlich umarmt und begrüßt. Obwohl wir uns seit einigen Jahren nur über Facebook kennen, erscheint uns Dreien diese Begegnung so vertrauensvoll, als wären wir schon lange eng verbunden. Elsa erzählt uns von ihrem Sponsoring, indem sie jedes Jahr ich weiß nicht wieviele Kilometer in der Ägäis vor Kreta schwimmt. Wir tauschen uns über die Entwicklung der Schule aus. Problematisch sei zur Zeit der hohe Anteil an Kindern aus armen Familien, die keinen Beitrag für den Schulbesuch bezahlen können. Die anvisierte Verteilung von 50% ohne und 50% mit Beiträge ist zur Zeit nicht realisierbar. Dies führt zu Unzufriedenheit in den Familien, die die Beiträge bezahlen. Neben der sozialen Organisation der Lodge „Sapana Social Impact“ wird die Schule von einer holländischen Stiftung unterstützt, die von Elsas Freundin, Marie-José van der Sandt, verwaltet wird. Beide Frauen veranstalten einmal pro Jahr eine zweiwöchige Lehrerfortbildung für die Lehrkräfte der Schule und auch für Lehrkräfte von umliegenden Schulen.
Sapana School
Am nächsten Tag hat Elsa eine Termin so vereinbart, dass die Kinder draußen sind, wenn wir die Räume besichtigen. Wir sind schon sehr gespannt, zu sehen, was ich verändert hat. Im Mai 2016 war die Eröffnung. Vor dreieinhalb Jahren habe ich Montessori Material für diese Schule gekauft. Aus der einstöckigen Schule ist eine Zweistöckige geworden. Das Außengelände fällt uns sofort auf, denn hier gibt es jetzt Spielgeräte, einen Sandkasten, einen Gemüsegarten und einen überdachten Platz zum Essen. Während Rolf fotografiert, zeigt Elsa uns die Räume und Leitsprüche an den Wänden, wie z.B. Each Child is unique and deserves our full attention. Die Räume sind in Spielbereiche aufgeteilt, ähnlich wie in deutschen Kitas. Puzzle, Bauklötze, Spiele usw. werden geordnet und auffordernd dargeboten. Auf den blauen Teppichkreisen mit den Kissen in den Regenbogenfarben kommen die Kinder zum Morgenkreis zusammen. Hier wird gesungen, erzählt und gespielt. Eine Köchin kocht das tägliche Mittagessen, das die Kinder draußen unter den Dach einnehmen.
Der gute Ruf der Schule spricht sich immer mehr in den umliegenden Dörfern herum. Zur Zeit besuchen fast 30 Kinder zwischen 2 und 6 Jahren die Schule. Das neue Konzept nimmt langsam Gestalt an, dank Elsas und Marie-Josés unermüdlichen Einsatz in der Lehrerfortbildung. Es wird noch viele Jahre dauern, bis sich ein neues Bild vom Kind und vom Lernen in den Köpfen der Eltern und Lehrkräfte gebildet hat. Auch die Eltern nehmen hier gerne an Schulungen Teil. Die Veränderung dauert schließlich auch bei uns noch lange an. Beim Hinausgehen begegnen uns die Kinder mit ihrer Fröhlichkeit. Rolf wird mit High-Five-Händen überfallen.
Jetzt sind alle Spenden aus unserer Abschiedsfeier verteilt
Zum Abschluss übereichen wir unser Geschenk … die Ölkreiden, die ich in Köln besorgt und nach Nepal geschickt habe. Die Lehrkräfte freuen und bedanken sich herzlich. Später schenken wir Elsa die 100€ aus der Spende von unserer Abschiedsparty, in Rupien für den Neubau des Hauses, der für die Lehrkräfte gedacht ist, aber auch einen Multifunktionsraum erhalten soll. Sie freut sich wahnsinnig und drückt uns von Herzen.
„Genieße das Leben ständig, denn du bist länger tot als lebendig!“
Ich habe mich selten so frei und glücklich gefühlt wie in diesem halben Jahr. Das Gefühl so weit weg von gesellschaftlichen Zwängen zu sein, jeden Tag so zu leben wie ich möchte, zu essen, wenn ich Hunger habe, zu schlafen, wenn ich müde bin. Neben den wunderschönen Landschaften mit der einzigartigen Tierwelt, ob Karststeinberge mit Reisfeldern mit der Halong Bucht in Vietnam, weiße Strände auf den Molukken, bunte Korallenriffe und Großfische auf Papua, Vulkane auf Flores, Nashörner und Krokodile im Dschungel mit dem Annapurna-Massiv in Nepal, das Mekongdelta in Kambodscha mit Angkor Wat sind die Erlebnisse mit den Menschen am berührendsten. Die Menschen, die uns ihre Häuser, ihre Tiere, ihre Felder, ihren Brunnen, ihre Waschplätze, ihre Art zu kochen und zu schlafen, sich fort zu bewegen, zeigen, wie sie mit ihren Kindern spielen, wie sie hier Hochzeiten feiern und Spaß haben, all das macht die Würze solch einer Reise aus. Wenn ich den Kindern auf der Straße, in den Bussen oder Booten Kekse und Luftballons schenke und sie mir entgegen lächeln oder staunen, geht mein Herz auf. So sorge ich immer für einen Vorrat in meinem Rucksack. Ich liebe diese Abwechslung, bin neugierig auf die Welt. DAS IST LEBEN!
Direkthilfe mit den Spenden unserer Familie und Freunden auf Lombok
Ich weiß, dass ich wieder zurückgehe in meinen Beruf. Ich bin dankbar, dass ich eine gute Ausbildung und das Studium geschafft, dass ich einen gut bezahlten Job habe und ich mir solche Reisen leisten kann. Doch ich möchte mich nicht mehr so aufsaugen lassen, möchte meine Lebenszeit nicht mehr in diesem Mäße der Schule widmen. Das nehme ich mir jedenfalls feste vor!
Ich freue mich riesig, meine Familie wiederzusehen. Sie fehlt mir hier am meisten. Auch meiner Familie möchte ich danken, dass sie mich in meinen Ideen vom Reisen unterstützt haben, dass sie so eine abenteuerlustige „Mama und Oma“ toll finden, dass meine Mutter mich einfach gehen lässt, obwohl sie mich bestimmt auch hin und wieder gebraucht hätte. Mein Vater im Himmel beobachtet mich bestimmt auf dieser Reise und schüttelt so manches Mal den Kopf, wenn er mich hier sieht. Er beschützt mich noch immer, das spüre ich.
Besuch bei der Familie Gurung mit ihrem jüngsten Nachwuchs
Auch Luan, Noomi, Fabian und Jonas, meine Enkelkinder, vermissen ihre Oma bestimmt sehr. Was es für sie bedeutet ein Jahr ohne sie zu sein, kann ich mir kaum vorstellen. Ich komme ja wieder und bin dann noch viele Jahre für euch da.
Ich freue mich auf meine Schwester und auf Jürgen am 01. März in Kalkutta. Ein bisschen Heimat. Vertrautheit. Bindung. Das tut uns auch mal wieder gut.
Dass ich all diese positiven wie negativen Erlebnisse mit dem Menschen teilen kann, den ich so sehr liebe, macht mich glücklich. Dafür bin ich Rolf so dankbar! Dass Reisen mitunter auch sehr anstrengend sein kann, haben wir immer wieder gespürt. Manchmal war uns nur zum Heulen oder Abhauen! Doch zusammen schaffen wir es wirklich super! Wenn’s gar aussichtslos erscheint, hilft mir „Tomorrow is another day“… und letztlich wird alles gut!
Treffen mit Lata in Kathmandu inkl. einer kleinen Spende für ihre Stiftung