Nun sind wir zurück … seit genau 30.05.2019, denn unsere Reise haben wir früher als geplant beendet. Eigentlich wollten wir Mitte Juli wieder in Deutschland sein, den Juni noch in Marokko verbringen. Doch Ramadan und Marokkos unerträgliche Hitze haben uns nach Spanien auswandern lassen. Zudem werde ich mich um meine Mutter kümmern, die seit ihrer Knie-Operation mehr Unterstützung benötigt. Des Reisens etwas müde geworden, ergibt es mehr Sinn, sich um die Familie zu kümmern. Eine kranke Mutter, ein fünftes Enkelkind, Sehnsucht nach Freundinnen. Der Grenzübertritt von Tanger nach Tarifa beeindruckt mich sehr, denn wir werden freundlich durchgewunken. Kein Stempel, kein Geld, kein Fingerabdruck, keine böse Miene, kein Visum, einfach nichts. Kopfnicken und weiter geht`s. Rolf klärt mich auf „Wir sind in Europa!“ Mir kommen die Tränen.
Während wir mit dem Bus von Algeciras zum Flughafen nach Malaga fahren, um dort einen Mini zu mieten, fällt mir die Lebensfreude der Menschen und die Sauberkeit der Straßen auf. Jeder kann hier tun, was er möchte, egal ob essen, (Bier/Wein) trinken, im Bikini oder oben ohne am Strand liegen, im kurzen Kleid durch die Stadt gehen … das ist Freiheit, die ich lange vermisst habe. Wie glücklich können wir uns schätzen, hier in Europa geboren worden zu sein, besonders als Frau. Ich bin so dankbar für unsere Bildungsmöglichkeiten, unser Gesundheitssystem und für unsere großes soziales Netz aus Familie und Freunden.
Besuch von zu Hause
Ich hätte vorher nicht gedacht, wie wichtig Besuch von zu Hause sein kann. Endlich mal wieder mit vertrauten Menschen quatschen, nicht immer nur Traveller-Gespräche, die sich häufig um die gleichen Themen drehen.
Im Dezember haben wir uns mit Frank auf Palawan/Philippinen getroffen und haben El Nido fluchtartig verlassen. Gemeinsam haben wir eine sehr abgelegene und geheime Bucht auf Palawan gefunden, in Port Barton einen traumhafte Schnorcheltrip gemacht und Franks Drohnen-Fotos schätzen gelernt. Zum Blogbeitrag …
Mit Frank haben wir uns auf Palawan, Philippinen, getroffen. …
Ganz gespannt waren wir Ende Februar auf meine Schwester und meinen Schwager in Kalkutta. Von unserer AirBnB-Wohnung aus erkundeten wir fünf Tage lang die indischste Stadt, die wir bisher erlebt haben. Laut, wuselig, beeindruckend, chaotisch, untouristisch … es folgte der Süden des indischen Subkontinents mit Chennai, Auroville und Goa. Zum Blogbeitrag …
Mit Saskia und Jürgen in Kalkutta, Indien. …
Dass wir die Safaris im Krüger-Nationalpark in Südafrika mit meinem Sohn Alex, seiner Frau Romina und den beiden Kindern Luan und Noomi zusammen erleben konnten, war ebenso ein Highlight und ein riesiges Geschenk. Zum Blogbeitrag …
Mit Alex, Romina, Luan und Noomi im Kruger Nationalpark, Südafrika.
Ohne euch hätte uns wirklich Vieles gefehlt!
Verwirklichung eines Traumes
Jahrelang habe ich davon geträumt, einfach immer weiter reisen zu können. Ein Sabbatjahr bietet nun mal diese unglaubliche Möglichkeit. Ich wäre doch wirklich blöd, wenn ich diese Chance nicht nutzen würde. Also fragte ich Rolf im Winter 2014 „Willst du mit mir ein Jahr lang reisen?“ … “Klar, das machen wir!“ war seine spontane Antwort. Dann habe ich den Antrag gestellt. So eine lange Ansparzeit. Voller Vorfreude und Motivation arbeitete ich auf dieses Ziel hin. Besonders das letzte Jahr vor dem Start war sehr intensiv, da die Reisevorbereitung doch viel Zeit in Anspruch genommen hat. Die letzten Wochen hatten es dann noch mal so richtig in sich. Die Untervermietung entpuppte sich als Hürdenlauf, die große Abschiedsfeier erforderte alle Energiereserven.
Nach … Tagen, als wir in Marokko unsere Rückkehr beschließen, kann ich es kaum glauben, dass unsere Reise nun zu Ende gehen wird. Mit feuchten Augen denke ich an all die Erlebnisse und nehme Abschied von diesem Traum, der nun zu Ende geht. Ich nehme auch Abschied von unserer Zweisamkeit und trauere ihr nach. Bin glücklich, dass wir sie erleben konnten.
Veränderungen
Unsere Reise hat unser ökologisches Bewusstsein noch stärker in den Mittelpunkt gerückt. Der Anblicke der Müllberge in Kathmandu, Kalkutta o.Ä. , an den Stränden Balis, in den Korallenriffen auf den Togian Islands und auch die gerodeten Urwälder (Palmöl) ist kaum auszuhalten. Möglichst kein Plastik mehr, ist die Devise! Kein Obst mehr in Tüten oder Schalen, keine Plastiktüte, kein Joghurt im Plastikbecher… Dass es nicht einfach ist, versteht sich von selbst. Ohne Auto sind wir sowieso mehr mit dem Rad unterwegs. Und Fliegen macht jetzt mal eine lange Pause.
Wir werden immer wieder nach den Highlights dieser Reise gefragt. Vietnam hat uns sehr in den Bann gezogen. Das außergewöhnliche Essen, Hanoi und die Landschaft in der Halong-Bucht, die Motorradtour im Norden Vietnams … das waren wirkliche Highlights. Auch die Abgeschiedenheit auf Kei Island/ Molukken, das Taj Mahal, die Thar-Wüste in Rajasthan, das Annapurna-Gebirge, ist , die alternative Lebensweise in Auroville, das geschäftige Kalkutta, das spirituelle Varanasi, die wundervollen Korallenriffe in Raja Ampat, die Löwen in Südafrika … doch das Beste am Reisen sind die Begegnungen mit Menschen:
die Familie auf Flores mit fünf Kindern, die wir mit kleinen Geschenken für die Kinder überrascht haben,
die Freude der Menschen auf Lombok nach dem Erbeben, als wir Reis, Decken und vieles mehr in die Dörfer gebracht haben,
die Menschen auf Kei Island und Raja Ampat, die noch so ursprünglich leben und uns Einblick in ihre Kultur gewährt haben,
die Bootsmänner auf Kei Island und Raja Ampat, die uns geduldig von Insel zu Insel gebracht und uns die besten Korallenriffe und Strände gezeigt haben,
die Crew von Tao Philippines, die sich rührend um ums und insbesondere um Rolfs Verletzung gekümmert hat,
unsere Guides in Nepal, die uns Schritt für Schritt unterstützt haben,
die Familie Gurung in Nepal, die uns ihr neues Haus gezeigt hat, dass sie u. a. von den Spendengeldern bauen konnte,
das Wiedersehen mit Lata, die sich um alleinerziehende Frauen mit Behinderung kümmert,
die Begegnung mit Elsa in der Sapana Village School in Chitwan/Nepal,
unser Fahrer Mahendra in Rajasthan, der uns zwei Wochen lang sein Rajasthan gezeigt hat,
unser Yoga-Lehrer Amogh am Agonda Beach, der uns unzählige Asanas gezeigt und mit uns geschwitzt hat,
der Besitzer vom „Sea-Star“ am Patnem Beach, der uns einen zweiten Ventilator gebracht hat,
die Fahrrad-Guides in Soweto, die uns ihr Soweto mit großer Hingabe gezeigt haben,
die Ranger im Krüger Nationalpark, die unentwegt versucht haben, den Leoparden ausfindig zu machen…
Sie alle haben uns eine andere Welt gezeigt, ihre Heimat, ihre Familie, ihre Kultur, ihr Essen, ihre Gewohnheiten, ihre Menschlichkeit und ihre Bedürfnisse. Wir sind dankbar für all diese Begegnungen. Sie alle sind gut und liebenswürdig. Wir wurden überall mit offenen Armen empfangen.
Mit zwei Rucksäcken fast ein ganzes Jahr unterwegs.
Nach dem Motto „ Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ stürzten wir uns in das größte und folgenreichste Experiment unserer Beziehung. Dass Liebe Arbeit ist, wird auch auf Reisen so sein.
Nach unseren Erfahrungen in den ersten Monaten in Indonesien spüre ich die ersten Veränderungen. Unser Leben ist nun voller Abenteuer, Action und Herausforderungen. Und wir haben Zeit … unendlich viel Zeit. Darauf hatte ich mich auch so sehr gefreut, wo ich doch so oft am Wochenende viel zu viel gearbeitet habe, statt mich zu entspannen oder mit Rolf Fahrrad zu fahren. Je abenteuerlicher und abgelegener es wird, je mehr spüre ich, wie sehr ich Rolf brauche. Dass uns unsere Beziehung im Verlauf dieser Reise immer wichtiger wird, denn ohne den anderen, würden wir diese schwierigen und auch frustrierenden, überfordernden oder nervigen Situationen schlechter aushalten, wird immer deutlicher. Die Glücksmomente bereiten noch mehr Freude und die Frustmomente sind nur noch halb so schlimm … frei nach “Geteiltes Glück ist doppeltes Glück“.
Indonesien, Kei Islands,Yoga am Strand.
Auch unsere Rollen werden klarer und intensiver. Wir sind Freunde und Reisepartner, aber auch Liebespartner. Dass wir uns auf den anderen verlassen können, wird überlebenswichtig. Ohne Visum am Flughafen zu stehen, würde zur Odyssee, wenn der andere es trotz Absprache nicht organisiert hat. Mit den Rollen klären sich die Aufgaben. Während Rolf der perfekte Finanzmanager ist, bin ich als Reiseleitung unentbehrlich. Wo fahren wir nochmal hin? Wie kommen wir von Hanoi nach Ninh Binh? Ist das Frühstück mit drin? Gibt es auch Wifi? Wie heißt das Hotel? Wie lange bleiben wir dort? Was machen wir eigentlich da? Diese sich wiederholenden Fragen beantworte ich immer wieder geduldig, während er mir unsere Ausgaben akribisch vor Augen führt und die Kontobewegungen im Blick behält. Ohne den anderen geht irgendwie nichts mehr. Natürlich fallen wir auch in Löcher, die unsere Stimmung runterziehen. Wenn der andere uns da wieder rausholen kann, umso besser. Außerdem ergibt es wenig Sinn, hier länger im dunklen Loch zu bleiben. Also, Kopf hoch, Krone richten und weiter geht’s.
Die anfängliche Idee, das zweite Halbjahr alleine zu reisen, da Rolf ursprünglich sich nur ein halbes Jahr beurlauben lassen wollte, haben wir glücklicherweise verworfen. Je länger wir reisen, je absurder erscheint mir diese auch. Die Vorstellung, Rolf zum Flughafen zu bringen und dort zu verabschieden, nachdem wir ein halbes Jahr unentwegt zusammen waren … nein, nein, das geht auf gar keinen Fall! Sturzbäche von Tränen würde ich vergießen … in solchen Momenten spüre ich es wieder … wie wichtig doch die Beziehung auf so einer Reise wird!
Jedes Land, jede neue Kultur stellt uns vor neue Herausforderungen. Jeder Ortswechsel erfordert, dass wir uns neu orientieren. Unsere Anpassungsfähigkeit ist extrem gefragt. Das schweißt auch die Beziehung zusammen, denn diese neuen Erlebnisse, Anforderungen und Entscheidungen, die es in dieser Art in Köln nicht gibt, gemeinsam zu bewältigen, geben uns noch mehr Kraft.
Vietnam, Kochkurs in Hanoi.
Wie wunderbar es ist, alles miteinander teilen zu können, die traumhaften sowie die schrecklichen Momente, das fürchterliche Essen in Manila oder die usselige Unterkunft in Pushkar, die farbenreichen Sonnenuntergänge auf Kei Island, die Freude der Familie auf Flores, der Kochkurs in Vietnam, Rolfs Verletzung durch Seeigel auf den Philippinen, unsere Yoga-Stunden in Goa, die anstrengende Trekkingtour in Nepal, die kalten Nächte im Annapurna-Gebiet, die nicht funktionierende Klospülung, unsere unzähligen Restaurantbesuche und so vieles mehr. Was gibt es Schöneres, als all dies mit seinem liebsten Partner zu erleben? Diese Erinnerungen sind unsere Goldmine. Wenn wir (noch) älter sind, können wir darin schwelgen und uns vor Lachen kringeln.
Damit sich jeder auf so einer Reise wohlfühlen kann, ist es gut, die Gewohnheiten des anderen zu kennen. Dass Rolf morgens beim Kaffee seine Ruhe braucht, dass ich wegen Hitzewallungen körperlichen Abstand, Fächer und ein Schweißtuch brauche, dass ihn nasse Klodeckel und mich seine schmutzigen Sandfüße nerven … Auf diese Eigenarten ist Verlass!
Philippinen, Kontakt mit einem Diadem-Seeigel, 80 Stiche in einer Hand.Philippinen, Unterwegs mit TAO-Philippines auf Palawan.
Natürlich streiten wir uns auch, doch das sind keine verletzenden Auseinandersetzungen. Manchmal gehen wir uns dann eine zeitlang aus dem Weg, finden am gleichen Tag auch wieder zusammen.
Selten verbringen wir Zeit getrennt voneinander. In schwierigen Situationen hilft es sehr, wenn einer die Ruhe bewahren kann. Als eingefleischte Optimistin versuche ich das Positive hervorzuheben und sorge für die Erfüllung der wichtigsten Bedürfnisse wie Essen, Bier, Wifi, Bett. Ich muss auch nicht mehr alles verstehen. Schon mal gar nicht in Indien. Das ist eh nicht möglich, ob der mangelnden Verständigungsmittel und kulturellen Unterschiede. Gleichmut …Om Shanti … alles wird gut …!
Danke, Rolf, dass wir dieses Abenteuer gemeinsam erleben durften!
Indonesien: Kei Islands I.Indonesien: Kei Islands II.
„Genieße das Leben ständig, denn du bist länger tot als lebendig!“
Ich habe mich selten so frei und glücklich gefühlt wie in diesem halben Jahr. Das Gefühl so weit weg von gesellschaftlichen Zwängen zu sein, jeden Tag so zu leben wie ich möchte, zu essen, wenn ich Hunger habe, zu schlafen, wenn ich müde bin. Neben den wunderschönen Landschaften mit der einzigartigen Tierwelt, ob Karststeinberge mit Reisfeldern mit der Halong Bucht in Vietnam, weiße Strände auf den Molukken, bunte Korallenriffe und Großfische auf Papua, Vulkane auf Flores, Nashörner und Krokodile im Dschungel mit dem Annapurna-Massiv in Nepal, das Mekongdelta in Kambodscha mit Angkor Wat sind die Erlebnisse mit den Menschen am berührendsten. Die Menschen, die uns ihre Häuser, ihre Tiere, ihre Felder, ihren Brunnen, ihre Waschplätze, ihre Art zu kochen und zu schlafen, sich fort zu bewegen, zeigen, wie sie mit ihren Kindern spielen, wie sie hier Hochzeiten feiern und Spaß haben, all das macht die Würze solch einer Reise aus. Wenn ich den Kindern auf der Straße, in den Bussen oder Booten Kekse und Luftballons schenke und sie mir entgegen lächeln oder staunen, geht mein Herz auf. So sorge ich immer für einen Vorrat in meinem Rucksack. Ich liebe diese Abwechslung, bin neugierig auf die Welt. DAS IST LEBEN!
Direkthilfe mit den Spenden unserer Familie und Freunden auf Lombok
Ich weiß, dass ich wieder zurückgehe in meinen Beruf. Ich bin dankbar, dass ich eine gute Ausbildung und das Studium geschafft, dass ich einen gut bezahlten Job habe und ich mir solche Reisen leisten kann. Doch ich möchte mich nicht mehr so aufsaugen lassen, möchte meine Lebenszeit nicht mehr in diesem Mäße der Schule widmen. Das nehme ich mir jedenfalls feste vor!
Ich freue mich riesig, meine Familie wiederzusehen. Sie fehlt mir hier am meisten. Auch meiner Familie möchte ich danken, dass sie mich in meinen Ideen vom Reisen unterstützt haben, dass sie so eine abenteuerlustige „Mama und Oma“ toll finden, dass meine Mutter mich einfach gehen lässt, obwohl sie mich bestimmt auch hin und wieder gebraucht hätte. Mein Vater im Himmel beobachtet mich bestimmt auf dieser Reise und schüttelt so manches Mal den Kopf, wenn er mich hier sieht. Er beschützt mich noch immer, das spüre ich.
Besuch bei der Familie Gurung mit ihrem jüngsten Nachwuchs
Auch Luan, Noomi, Fabian und Jonas, meine Enkelkinder, vermissen ihre Oma bestimmt sehr. Was es für sie bedeutet ein Jahr ohne sie zu sein, kann ich mir kaum vorstellen. Ich komme ja wieder und bin dann noch viele Jahre für euch da.
Ich freue mich auf meine Schwester und auf Jürgen am 01. März in Kalkutta. Ein bisschen Heimat. Vertrautheit. Bindung. Das tut uns auch mal wieder gut.
Dass ich all diese positiven wie negativen Erlebnisse mit dem Menschen teilen kann, den ich so sehr liebe, macht mich glücklich. Dafür bin ich Rolf so dankbar! Dass Reisen mitunter auch sehr anstrengend sein kann, haben wir immer wieder gespürt. Manchmal war uns nur zum Heulen oder Abhauen! Doch zusammen schaffen wir es wirklich super! Wenn’s gar aussichtslos erscheint, hilft mir „Tomorrow is another day“… und letztlich wird alles gut!
Treffen mit Lata in Kathmandu inkl. einer kleinen Spende für ihre Stiftung
Nach einer Nacht im Flieger mit Stop-Overs in Makassar, Jakarta und Kuala Lumpur erreichen wir übernächtigt Hanoi. Nach drei Monaten in Indonesien, vorrangig in abgelegenen Regionen, haben wir uns immer wieder auf Vietnam gefreut, auf das andere Essen, auf andere Menschen und Landschaften. Vietnam beginnt für uns etwas chaotisch, denn der von unserer Airbnb-Gastgeberin bestellte Taxifahrer ist nicht am Flughafen. Während Rolf die SIM-Karten organisiert, finde ich jemanden, der ihn anruft.
Hanoi
Nach 10 Minuten kommt er doch noch, spricht kein Englisch. Schweigend und staunend über die vielen Mopeds fahren wir zu der Wäscherei, wo wir unser Gepäck lassen können. Was können wir nun in der Zwischenzeit tun? Bis 14 Uhr haben wir noch Zeit. Das sind noch 4 Stunden!
Hungrig und müde laufen wir das erste Mal durch die Altstadt (Old Quarter) Hanois, völlig erschlagen von den unzähligen Bars und Restaurants, den kleinen Plastikstühlen auf dem Bürgersteigen hier. Kein Platz für Fußgänger. Kochdämpfe und Schilder, die wir nicht identifizieren können, umgeben uns, dazu ungewohntes Stimmengewirr, Hupen, Hupen und nochmals Hupen. Hintereinander auf der Straße gehend schlängeln wir uns durch die Beer-Street.
Bia Hoi vom Fass
Die Straßenüberquerung wird ab sofort zu einem Abenteuer. Rote Ampeln, Einbahnstraßen, Zebrastreifen gelten hier nur als Attrappe. Die Regel hier: Einfach losgehen, egal, wie mehrspurig die Straße ist und bloß nicht zögern – dann wird’s gefährlich. Solange man sich bewegt, fließt der Verkehr hinter oder vor dir, links und rechts, als wäre man ein einziger Organismus. Ich gewöhne mir an, Rolfs Hand zu nehmen und mich von ihm leiten zu lassen. Er hat da vollstes Vertrauen, ich nicht. Ich würde wohl jetzt noch am Straßenrand stehen und auf eine Lücke warten.
Nach so langer Abstinenz auf den entlegenen Inseln Indonesiens fühlen wir uns wie im Paradies. Hier gibt es einfach alles, sogar kaltes Bier an jeder Ecke! Das Leben spielt sich komplett auf der Straße ab. Die Garküchen bieten für uns jede Menge unbekannte Speisen. Ständig versuche ich etwas zu erkennen, was ich vielleicht mal essen könnte. Endlich schaffen wir es zum „Banh Mi 25“ und stillen unseren Hunger mit einem köstlichen Banh Mi, ein Baguette kombiniert mit Pastete, Schwein oder Huhn, Koriander, Chilisoße, Fischsoße, Karotten. Sehr köstlich! Es wird zu Rolfs täglichem Frühstück. Nach unserem ersten Hanoi-Bier fallen mir fast die Augen zu.
Unser Airbnb-Apartment im französischen Viertel ist eine wirkliche Ruhe-Oase in dieser quirligem Stadt. Doch am Besten gefällt uns das Café Argento direkt nebenan mit dem besten Cappuccino. Wie in Italien, unfassbar! Wir freuen uns jeden Morgen darauf!
In solch einer Stadt nutzen wir mal wieder die Gelegenheit zur ausgiebigen Körperpflege. Friseur, Barber, Mani- und Pediküre, Massage und Gesichtspflege. Was für eine Wohltat! Zivilisation tut uns gerade richtig gut.
Hanoi
Street Food Tour
Unsere Street-Food-Tour am Abend stimmt uns auf das lokale Essen ein. Hana, eine sehr junge Vietnamesin, führt uns in sehr kleine, versteckte lokale Garküchen, die wir niemals gefunden hätten, weil sie versteckt in winzigen Gassen kaum erkennbar sind. Die typisch vietnamesischen Gerichte versuche ich mir zwar zu merken, doch ohne Erfolg. Sie schmecken und es ist reichlich. Manches ist mir doch zu scharf, denn Chilis liegen überall dabei. Wir essen uns durch sechs Garküchen, lernen, dass das oberste Gebot der vietnamesischen Küche Freshnessist, also frisch muss alles sein. Kräuter in Körbchen werden dazu gereicht, Limetten und Chilis sowieso. Sie erklärt uns zwar etwas zu den Zutaten und Rezepten, verliert sich aber immer wieder in privaten Liebesgeschichten, die hier in Vietnam eine große Rolle spielen, wie wir später noch erfahren werden. Begeistert sind wir von dem Papayasalat mit Rindfleisch und Rolf schwärmt noch weitere Tage von dem Egg-Coffee, ein Kaffee mit aufgeschlagenen Eigelb. Dass es hier auch Egg-Bier halten wir für vernachlässigungswürdig (igitt).
Cooking-Class
Dass mich die Orientierung hier trotz Google Maps sehr herausfordert, ist eine andere Geschichte. Wir laufen zum falschen Restaurant, finden aber letztlich unseren Kochkurs doch noch. Wir haben das Glück alleine mit unser Köchin zu sein. Zuerst zeigt sie uns auf dem lokalen Markt, wo es die frischesten und günstigsten Zutaten für unsere Gerichte gibt. Auch frisches Fleisch darf nicht gekühlt angeboten werden, denn es könnte nicht mehr frisch sein – so die feste Überzeugung der Einheimischen. Deswegen liegt es frisch geschlachtet bei ca. 30 Grad auf dem Brett – unvorstellbar bei uns. In unserer Küche werden wir in die Geheimnisse der Phở – die beste Suppe überhaupt und einer der Highlights in Vietnam – eingeweiht. Ihr Geschmack ist wirklich unglaublich köstlich.
Cooking Class – Frühlingsrollen rollen …
Cooking Class … die Chefköche
Mit Kochschürzen bestückt sehen wir aus wie TV-Köche, haben viel Freude am Aufrollen des Reisteiges für die Frühlingsrollen, kneten und rollen Meat-Balls, reiben und schnipseln für den Papaya-Salat und zur Krönung gelingt uns auch noch einen Egg-Coffee. Unsere Köchin hat sichtlich Spaß mit uns, weil – wie sie betont – wir schon so viel Erfahrung und Kenntnisse hätten. So staunt sie über unsere geschickte Technik beim Schnibbeln. Zum Abschluss wird alles schön gedeckt und wir essen uns durch unser Menü. Wie sollen wir das alles bloß essen? Glücklicherweise können wir einen Teil einpacken. Mit viel Herzlichkeit, Fotos und Begeisterung nehmen wir Abschied und sind für den Rest des Tages glücklich und satt.
Ein Besuch im Hỏa-Lò-Gefängnis am nächsten Tag bringt die Erinnerung an den gar nicht so lange zurück liegenden Vietnam-Krieg zurück und die damaligen Protestaktionen. Das Gefängnis zeigt die Gräueltaten der Franzosen während der Besatzung, im Gegenzug die „luxuriösen“ Haftbedingungen der amerikanischen Gefangenen nach Beendigung des Krieges – da steckt auch einiges an Propaganda hinter – so unser Eindruck. Nicht desto trotz … sehr beklemmend!
Ninh Binh – die Trockene Halong Bucht
Nach unserer Moped-Tour sind wir mit dem Bus über Hanoi nach Ninh Bình gefahren. Die Ruhe in der sehr schönen Bambus-Hütte inmitten der Reisfelder, eingebettet in dies Karststeinberge, tut uns gut. Mit den Mopeds fahren wir nach Trang An, wo wir uns doch tatsächlich mit unseren holländischen Freunden, die wir in Papua kennengelernt habenn, treffen und auf ein Boot steigen. Wir haben uns natürlich so viel zu erzählen, dass wir unentwegt plaudern, während unsere Vietnamesin rudert und uns die Tempel und Höhlen erklärt. So manch niedrige Höhle, in der wir unsere Köpfe einziehen, wird durchquert, einige Tempel und sogar ein Drehort von dem Film „King Kong“ besichtigt. So richtig umhauen kann es uns heute nicht. Ob es am bewölkten Himmel liegt? Oder ob wir schon so viele Karststeinfelsen gesehen haben? Gegen Ende der Tour verstärkt der Regen unseren Eindruck.
Nachtzug nach Hue
Als wir um 22:30 Uhr das Viererabteil in dem Nachtzug aufsuchen, ahnen wir noch nicht, welch ruckelige Nacht uns bevorsteht. Zwei Französinnen liegen schon in den oberen Betten und bleiben die ganze Nacht wunderbar ruhig (Ohropax lag schon bereit). Die unteren Betten sind unsere, weißes Laken, Decke und Kissen. Die Klimaanlage kühlt mal wieder so stark, dass ich meinen Fleece raus kramen muss. Der Zug setzt sich wackelnd in Bewegung, bremst manchmal lautstark und plötzlich, schaukelt so stark, dass ich manchmal glaube, dass er gleich aus den Schienen springt. So zockelt er langsam viele Stunden durch die Nacht. Das Wackeln ist auf der Toilette besonders witzig … Am Morgen beim ersten Halt steigen geschäftstüchtige Vietnamesinnen zu und bieten alles Mögliche an, wir entscheiden uns für Kaffee. Schlaftrunken wie wir sind, zahlen wir ihn bei der falschen Person … großes Gezeter ist die Folge. Wir sind heilfroh, als der Zug sich wieder in Bewegung setzt und die Frauen ihn wieder verlassen müssen.
Etwas übermüdet erreichen wir gegen 09:30 Uhr die alte Kaiserstadt Huế am bekannten Parfüm- Fluss. Die ehemalige Hauptstadt war ein sehr bedeutender Ort während der Nguyễn-Dynastie, was wir am Nachmittag beim Besuch der Zitadelle erfahren, die 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Es ist sehr heiß und sonnig. Mein Fächer wedelt während des Rundgangs durch dieses große Gelände immerzu. Nach dem imposanten Haupteingang durchqueren wir kleinere Tempel, Gärten und Hallen, sehen einen kurzen Film zur Kaiserzeit und verlassen das Gelände durch ein weiteres schönes Tor. Das ganze lässt erahnen, wie unglaublich faszinierend das alte Vietnam aus der Kaiserzeit gewesen sein muss.
Flucht aus Hoi An
Auf Grund der vielen Empfehlungen und der Beschreibung im Reiseführer haben wir uns sehr auf Hội An gefreut. Denn eine schöne kleine Altstadt mit einem Mix aus vietnamesischer, japanischer und chinesischer Architektur, in warmen Farben, an einem Fluß und am Meer gelegen, sollte uns (eigentlich) erwarten. Insbesondere am Abend soll sich die wahre Schönheit des Städtchens am Fluss entfalten, wenn bunte Laternen und gedämpfte Beleuchtung an Häusern und auf den Booten für romantische Stimmung sorgen. Immerhin ist Hội An UNESCO-Weltkulturerbe. Doch wir wurden sehr enttäuscht.
Hoi An
Die Altstadt ist wirklich schön, aber viel zu voll. Zahlreiche Reisegruppen, insbesondere Chinesen, quetschen sich bei über 30 Grad durch die engen Gassen, die vielen Restaurants und Cafés sind zum großen Teil überteuert sind und bieten kaum vietnamesische Küche. Souvenirläden und
Hoi An
-Krams-Stände zieren die Uferpromenade. Permanent wirst du belästigt, irgendetwas zu kaufen … Das echte vietnamesische Leben haben wir hier wirklich vermisst.
Als wir die japanische Brücke, das Wahrzeichen der Stadt, mit dem Fahrrad erreichen, sehen wir vor lauter Reisegruppen die Brücke nicht mehr. Wir schlängeln uns dadurch, überqueren den Fluß und atmen auf der gegenüberliegenden Insel erst einmal durch. Was ist hier bloß los? Okay, es ist Sonntag und vielleicht kein günstiger Tag für Hội An. Aber so eine extreme Überfüllung haben wir hier in Vietnam noch nicht erlebt. Vor 10 Jahren wird es in diesem einstiegen Fischerort bestimmt noch beschaulich gewesen sein. Aber jetzt können wir nur fliehen. Mit den etwas zu kleinen Rädern fahren wir am Flussufer entlang, wo es langsam ruhiger wird. Wir suchen die Reisfelder, doch die sehen zur Zeit eher braun statt grün aus – es ist die falsche Jahreszeit. Nach ca. ½ Stunde erreichen wir den An Bang Beach, der nun auch nicht gerade zu den Schönsten gehört. Permanent will man uns Parkplätze für unsere Räder! anbieten … Hohe Wellen, grau-grünes Wasser und Müll am Strand. Nach einem Drink in einer stylischer Strandbar radeln wir zurück und sind froh, dass wir Hội An nach zwei Nächten wieder verlassen können.
Das Precious Heritage Museum in Hoi An
Aber ein Highlight gibt’s dann doch: Das Precious Heritage Museum des französischen Fotografen Réhahn zeigt atemberaubende Fotos von fast allen ethnischen Gruppen Vietnams und den Landschaften Nordvietnams. Sie vermitteln eine Liebe zu diesen Menschen und zu diesem Land. Zu den Fotos gibt es spannende Geschichten, wie sie entstanden sind, wie er langsam Kontakt zu den Menschen aufgebaut hat. Ich sehe in die Augen von alten Frauen, die so viel Kraft ausstrahlen, ich sehe in lachende Kindergesichter. Die traditionelle Kleidung der über 40 ethnischen Gruppen sind hier sorgfältig ausgestellt und erklärt. Als ich am 2. Tag noch mal hingehe, um Postkarten zu kaufen, treffen wir ihn persönlich an und kommen ins Gespräch. Auch er war mit dem Moped in den abgelegenen Gebieten Nordvietnams, um dort die Kultur der ethnischen Gruppen festzuhalten. Seine beiden Fotobände, die hier im Café ausliegen, faszinieren mich total. Das großformatige Bild von Đồng Văn, wo wir mit den Mopeds waren, würde ich gerne kaufen, da es mein Herz berührt.
Vietnamesische Küche
Bánh mì, ein Sandwich (Baguette) in verschiedenen Variationen, entweder mit Ei oder mit Pastete und Fleisch. Dazu kommt Chilisauce, verschiedene Kräuter, Tomaten, Gurke und Salat. Rolf hat es täglich gegessen, häufig am Streetfood-Stand.
Phở ,die Nudelsuppe Pho ist für mich das Beste der vietnamesischen Küche. In die sehr schmackhafte und gut gewürzte Brühe kommen Reisnudeln und Rind (Pho Bo) oder Hühnerfleisch (Pho Ga), dazu Frühlingszwiebeln, Soja, Fischsoße, Minze, Chilis und Basilikum. Die Vietnamesen essen sie oft zum Frühstück, wir eher zum Mittag.
Banh Xeo,, eine Art knuspriger Crêpe aus Reismehl mit Garnelen und Gemüse gefüllt, hat Rolf auf dem Markt in Ho Chi Minh City zum Frühstück gegessenen
Bun Bo Nam Bo, der erfrischende Reisnudelsalat enthält meist mariniertes Rindfleisch, frisches Gemüse, Zitronengras und Koriander, verfeinert mit frischen Chilis, Nüssen und der typisch vietnamesischen Fischsauce.
Vietnamesischer Kaffee (Ca Phe Sua Da), dieser starke Kaffee wird sehr süß getrunken, denn die gesüßte Kondensmilch am Boden der Tasse verleiht dem Kaffee einen Zuckerschub, der es in sich hat. Meistens wird er in einem kleinen Glas serviert, auf dem ein Metallfilter mit Kaffeepulver aufgesetzt ist. Dort fließt das heiße Wasser langsam durch den Filter in das Glas mit der Kondensmilch. Dann verrührt man den Kaffee mit der Milch und genießt ihn. Rolf mag die heiße sowie die kalte Variante mit Eiswürfeln.
Bia Hoi (Bier), auch hier kommen wir voll auf unsere Kosten, das bekannteste Bier, das Bia Hanoi, 333 und Saigon-Bier schmecken köstlich, sind immer eisgekühlt. Die Biere aus den kleinen Brauereien sind extrem erfrischend und günstig. In diesen Läden ist auch immer was los. Wer Geselligkeit und Bier mag, ist hier richtig. Wie immer auf kleinen Hockern mit ein paar Nüssen zum Bier können wir hier stundenlang das Treiben beobachten.
Stäbchen statt Besteck
Da in Vietnam mit Stäbchen gegessen wird, haben wir uns mit der Zeit daran gewöhnt. Immer wieder haben wir auch mit den Nudeln gekämpft, die von den Stäbchen rutschen und unseren Tischnachbarn interessiert zugesehen, wie sie mit den Stäbchen hantieren. Selbst die Suppen werden geschlürft und mit den Stäbchen werden die Nudeln in den Mund geschoben. Immer schön mit dem Kopf über der Schüssel!
Wir waren komplett irritiert, als wir auf unserer Bootstour auf dem Mekong plötzlich mit Messer und Gabel essen sollten – für uns auf einmal ungewohnt.
Mit dem Hausboot zum Spieleabend
Ho-CHI-Minh-Stadt, ehemals Saigon, ist unser nächstes Ziel. Eine Stadt, wieder prall gefüllt mit Leben, hektisch, laut und heiß dazu. Wir treffen Patrick, einen ehemaligen Mitbewohner von Eve, der mittlerweile hier lebt und uns bei einem Ca Phe wertvolle Tipps für die 3 Tage, die wir verbringen, gibt. Wiedervereinigungspalast, die turbulenten Märkte mit ihren Streetfoodständen (im Gegensatz zu Eve probiere ich so einiges, anderes Krabbelige weniger) sind unsere Stationen. Eine Rooftop-Bar für den optimalen Überblick und eine Pizzeria, die unsere vernachlässigten europäischen Geschmacksknospen nochmal in Wallung bringt und fast unser Budget sprengt, sind weitere Stationen. Wir sind aber auch froh, diese Hektik dann wieder verlassen zu können und nach vier Wochen Vietnam unsere Reise mit dem Boot durchs Mekong-Delta Richtung Kambodscha fortsetzen zu können.
Sonnendeck (Eve hat Snapseed entdeckt)
Die 3tägige Bootstour auf dem Mekong mit Mekong Eyes, auf die Eve sich so freut, hält leider nicht das, was wir uns davon erhofft haben. Von den 3 Tagen verbringen wir letztendlich nur einen halben Tag und eine Nacht (die 2. Nacht in einem luxuriösen Hotel – brauchen wir das?) auf dem traditionellen Holzboot, der größte Teil sind Transfers mit Bus und Schnellboot. Das Essen an Bord ist alles andere als traditionell. Überschattet wird die Fahrt außerdem von einem schweren Unfall, als ein quer über den Mekong führendes Kabel zu tief hängt und einem auf dem Oberdeck stehenden Teilnehmer 2 Zähne ausschlägt und eine stark blutende Wunde zufügt (kurz vorher stand Eve dort noch!).
Unser Boot auf der Mekong Tour
Den Mekong, die Lebensader Vietnams, auf diese Art zu erleben, war schon ein faszinierendes Erlebnis und das kaum vorstellbar große Delta als Lebensraum so vieler Vietnamesen ein Highlight. Nach unserer Nacht im Luxushotel stand noch die Tour mit dem Speedboot nach Phnom-Penh, der Hauptstadt Kambodschas, unserem nächsten Ziel, an.
Es muss irgendwo in Indonesien gewesen sein, als wir nach dem Durchstöbern mehrerer Reiseblogs auf den Ha Giang Loop gestoßen sind. Einen Rundkurs im äußersten Norden Vietnams unmittelbar an der Grenze zu China durch das Karststeingebirge. Die Bilder davon zogen uns derartig in ihren Bann, dass uns sofort klar war: Da müssen wir hin.
Es gibt verschiedene Routen, auf denen man unterwegs sein kann. Auch die Arten, wie man dort unterwegs ist, sind unterschiedlich: Mit dem Auto, mit dem Moped, als Selbstfahrer oder als Sozius, mit Guide oder ohne, in der Gruppe oder alleine … wir entscheiden uns fürs Moped und wollen es auf eigene Faust probieren.
Wir planen für den Loop 4-5 Tage ein, buchen in Hanoi die Busfahrt nach Ha Giang, Start und Ziel der Tour und nutzen die Zeit bis dahin für unsere Bootstour in der Halong Bucht – doch dann kommt alles etwas anders …
Auf der Busfahrt zurück von der Bootstour nach Hanoi klagt Eve plötzlich über Kopf- und Gliederschmerzen, Unwohlsein und erhöhte Temperatur – also auch Anzeichen für Malaria, zumal das zeitlich mit unserem Aufenthalt in Papua passen könnte. Die Alarmglocken läuten … am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg ins französische Hospital in Hanoi, Eve muss einige Untersuchungen über sich ergehen lassen, die Blutwerte sind nicht Ordnung. Aber es gibt Entwarnung. Es handelt sich zwar um eine Entzündung, aber nichts spricht für Malaria oder Dengue Fieber. Zur Sicherheit sollen wir aber noch einige Tage in Hanoi bleiben und in einigen Tagen zur Kontrolle nochmal vorbeischauen. Wir verschieben unseren Abfahrtstermin um einige Tage.
Der Kontrolltermin ergibt keine neuen Informationen und obwohl Eve nicht bei 100% ist, entscheiden wir uns dazu, die Mopedtour in den Bergen doch in Angriff zu nehmen. Meine Bedenken sind groß, da diese Tour nicht ohne ist, in der Vorwoche hat es Todesopfer gegeben. Zwei Touristen sind von der Straße abgekommen und abgestürzt. Die Straßenverhältnisse sind alles andere als optimal, schlechte Sicht mit Regen kann dazu kommen, oft sind Touristen ohne Mopederfahrung unterwegs und Verkehrsordnung ist hier eher untergeordnet.
Egal –wirwollenesunbedingt!
Nach 6 Stunden Fahrt in einem äußerst komfortablen Kleinbus kommen wir in Ha Giang an. Das Hotel ist für unsere Ansprüche geradezu luxuriös und wir machen uns direkt auf dem Weg zum Verleih. Mir kommen nochmal große Bedenken, da ich merke, dass Eve alles andere als fit ist. Ich bin drauf und dran das Ganze abzusagen und gerate in Streit mit ihr. Schließlich entscheiden wir uns, es erst mal zu versuchen.
Der Verleih wirkt sehr professionell, die Mopeds gut gewartet und die Infos zur Tour sind sehr umfangreich. Gottseidank haben wir beide den internationalen Führerschein dabei, ansonsten hätten wir nix bekommen, da die Regierung durch die schweren Unfälle erst Ende Oktober dies zur Pflicht gemacht hat und so die Risiken etwas eindämmen will. Eve verguckt sich aufgrund ihrer Moto-Guzzi-Vergangenheit sofort in ein 125er Suzuki, während ich mit einer 110er halbautomatischen Honda, die mich an eine alte Kreidler erinnert, mehr als zufrieden bin, da ich über keinerlei Motorrad-Erfahrung verfüge und daher sowieso schon ziemlich aufgeregt bin.
Am nächsten Tag geht’s los. Wir haben nur einen kleinen Rucksack gepackt, den Großen können wir im Hotel lassen, da wir in vier Tagen wieder dort sein werden. Wir sind kaum 10 km unterwegs, taucht schon diese wunderschöne Kulisse mit den spitzen Karststeinbergen auf. Es sieht faszinierend aus mit diesem satten Grün, auch wenn ich mich noch nicht so ganz darauf einlassen kann … ich bin noch zu sehr mit mir, dem Moped, den engen Straßen, den Schlaglöchern, den LKWs, die dich an den Straßenrand ins Schotterbett abdrängen und den links und rechts auftauchenden Mopeds beschäftigt. Außerdem habe ich schon genügend damit zu tun, den Anschluss zu Eve nicht zu verlieren, für die dieses Gefühl, wieder auf einem richtigen Moped zu sitzen, wie eine Therapie wirkt – sie gesundet von Meter zu Meter …
Gefühlt halten wir alle 100 Meter an, um Fotos zu machen oder einfach die Aussicht zu genießen. Diese Art von Berglandschaft haben wir noch nie gesehen. Da wir hier teilweise im Schritttempo unterwegs sind, insbesondere wenn wir einem qualmenden LKW bergauf folgen, bevor es uns gelingt, ihn zu überholen, erreichen wir nach 100 km unser erstes Etappenziel: Yen Minh. Ein Hotelzimmer ist schnell gefunden, unsere Mopeds sicher im Haus verstaut (das ist hier so üblich, da stehen die Mopeds neben dem Sofa). Ein leckeres Abendessen und ein paar Bierchen beenden diesen mit soviel Eindrücken gespickten Tag.
Der nächste Tag beginnt damit, dass wir unsere geplante Route unbewusst verlassen, dass uns aber nicht weiter stört, da mehrere Routen zu unserem Tagesziel führen. Unterwegs treffen wir auf ein französisches Pärchen, dass wir bereits während der Anreise kennengelernt haben und mit denen wir während des Mittagessens einen regen Austausch haben. Dabei erfahren wir, dass es wohl schwierig sein wird, eine Unterkunft in unserem heutigen Tagesziel, Dong Van, zu finden. Am morgigen Sonntag findet dort ein Markt statt, auf dem selbst die weit entfernt lebenden Hmong, ein dort beheimatetes indigenes Bergvolk, ihre bäuerlichen Produkte verkaufen wollen. Viele Vietnamesen nutzen dies für einen Wochenendausflug, sodass viele Unterkünfte ausgebucht sind. Ein Blick auf Booking.com bestätigt das. Wir sind aber zuversichtlich, vor Ort etwas zu finden – klappte bisher immer.
Auf dem Weg dahin überqueren wir den höchstgelegenen Pass auf unserer Tour, den Ma Pi Leng, und ich kann mich nur wiederholen: die Sicht ist atemberaubend! Mittlerweile kann ich dies auch alles unbeschwert genießen. Ich fühle mich sicher auf dem Moped, freue mich über jede Kurve mit dem nächsten Highlight vor meinen Augen und auch mein Puls erreicht bei den Überholmanövern wieder Normalwerte. Die Abstände zu Eve werden immer kürzer und dauernd höre ich ihre Juchzer, wie sie das Mopedfahren und die Landschaft geniesst. Ich freue mich über ihren immer besser werdenden Gesundheitszustand.
Die Befürchtungen bestätigen sich, unsere ersten Fragen nach einer Unterkunft in Dong Van werden verneint. Schließlich finden wir jemanden, der einen kennt, der weiß, wo noch was frei ist. Wir sind bereit für den Marktbesuch am nächsten Tag. Es wird ein Tag für alle Sinne: die farbenprächtige Kleidung der Hmongs, die aus den entlegensten Bergregionen einen stundenlangen Fußmarsch hinter sich haben, um ihre wenigen selbst produzierten Waren (Gemüse, Kräuter, Gewürze etc) zu verkaufen. Das sind teilweise Dinge, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, aber probieren tue ich sie trotzdem – nicht alles findet meine Begeisterung, aber es ist ein tolles Erlebnis.
Pünktlich zu unserer Weiterfahrt beginnt der Regen – es sollte der einzige verregnete Tag auf unserer Moped-Tour sein. Wir nutzen die Einkaufsmöglichkeiten auf dem Markt und kaufen für ein paar Dong Einweg-Plastik-Regenklamotten, um den gröbsten Regen abzuhalten. Damit nicht genug: Eve findet ihren Moped-Schlüssel nicht mehr – er bleibt unauffindbar, egal was wir versuchen. Die Konsequenzen, die uns einfallen, sorgen nicht gerade für eine Stimmungsaufhellung. Doch da naht Hilfe … unser Mopedverleih hat hier eine Filiale und dort kennt wieder einer jemanden, der einen kennt, der eine Lösung parat hat. Der Mitarbeiter packt sich das Moped und ehe wir uns versehen, ist er schiebender Weise damit im Regen verschwunden – wie wir später erfahren, zu seinem Schwiegervater. Eine halbe Stunde später kommt er mit dem Moped und einem neuen Zündschlüssel zurück – toll diese Vietnamesen! Unsere Stimmung steigt schlagartig, trotz des Regens.
Wir machen uns auf den Weg. Unsere neu erworbene Regenbekleidung erweist sich nicht gerade als Volltreffer, da wir uns aber dazu entschließen, die Route etwas abzukürzen und wieder nach Yen Minh zu fahren, wird unsere Leidensfähigkeit nicht zu arg strapaziert, wenn auch der strömende Regen, die dichten Nebelbänke, die überfluteten Schotterstraßen und der LKW-Verkehr uns zu schaffen macht – fotografieren wird heute mal vernachlässigt.
Im Hotel besorgen wir uns erstmal einen Fön und sind die nächsten Stunden damit beschäftigt, unsere Klamotten zu trocknen – Wechselklamotten sind in unserem Rucksack eher unterrepräsentiert.
Am nächsten, dem letzten Tag, steht die 100km Etappe zurück nach Ha Giang an – diesmal wieder bei gutem Wetter. Es wird wieder ein Tag zum Genießen …
Unser neuestes Gimmick: Der Reisetracker von Polarsteps, mit dem ihr unseren aktuellen Standort sehen könnt und mittels Anklicken der Karte ebenfalls unseren gesamten bisherigen Reiseverlauf mitverfolgen könnt …