Ein Beitrag von Eve
Nach unseren ersten Abenteuern in Indonesien geht es nun weiter auf die zweitgrößte Insel Nusa Tenggaras. Auf dem langen und kurvigen Trans-Flores Highway gelangen wir in 4 Stunden nach Ruteng, unserer zweiten Station. Während an den Küsten die malaiischen Muslime siedeln, ist das Landesinnere die Heimat zahlreicher christlicher Ethnien mit eigenen Sprachen und Kulturen. Auf 1000 m Höhe ist das Klima mild, abends und morgens eher knapp 20 Grad.
In unserer Unterkunft „Hobbit Hill“ haben wir von unserer Terrasse einen herrlichen Ausblick auf die umliegenden Dörfer und die Reisfelder. Unsere Gastgeberin „Udis“ ist so herzlich und fürsorglich, dass es eine Freude ist hier zu sein. Der Name „Hobbit Hill“ hat tatsächlich etwas mit den Hobbits zu tun, die als kleinwüchsige Hominiden-Art „Homo Florensiensis“ erst 2003 hier in einer Höhle entdeckt wurden.
Hier in Ruteng sind es die Manggarai, die uns stets mit einem Lächeln begegnen. „Hello Mister! Where do you go? Where do you come from?“ ertönt es jedes Mal, wenn wir auf unserem Weg durch Ruteng und das traditionellen Dorf „Ruteng Puu“ laufen. Ich fühle mich so bewundert, wenn mich die jungen Frauen unentwegt anstarren. Sie geben uns die Hand, lächeln verschämt und möchten natürlich ein Selfie. Manche holen ein kleines Notizbuch hervor, in welchem wir unsere Namen usw. eintragen sollen. Sie freuen sich wie verrückt, wenn wir ihrer Aufforderung nachkommen. Erst nach einigen Nachfragen erfahren wir, dass sie als Studenten der Touristik-High-School die Aufgabe haben, im Laufe ihrer Ausbildung 300 Namen von Touristen zu sammeln.
Unzählige Kinder, egal welchen Alters, winken uns zu. Schon interessant zu sehen, dass selbst Kleinkinder unsere Fremdartigkeit wahrnehmen und winken. Als wir wieder ein paar Jungs beobachten, wie sie auf alten Plastikdeckeln auf einem Betonweg einen Hügel hinunterrutschen, bleiben wir stehen und bewundern ihre Kühnheit und ihre Kreativität. Was für Straßenkinder, denke ich! Keiner, der auf sie aufpasst, keine Feuchttücher, keine Wechselwäsche, keine Trinkflasche…völlig auf sich allein gestellt, in löchrigen und schmutzigen Hosen und Rotznasen, die ich so ach so gerne wegwischen würde. Nach dem Besuch des traditionellen Dorfes besorgen wir an einem Kiosk Biskuits und Kaugummis und kehren wieder um. Staunend beobachten sie, wie wir die Kekspackung aufmachen, strecken uns im Nu Ihre Händchen entgegen (auf Händewaschen verzichten wir in diesem Fall mal) und lachen herzlich, als wir Ihnen die Kekse verteilen. Was gibt es Schöneres!
Auf dem Rückweg hält plötzlich ein Mann auf dem Roller neben uns, fragt uns, ob wir Lust hätten, mit zu dem Caci, einem traditioneller Peitschenkampf, mit zu kommen. Heute Abend fänden die Vorbereitungen dazu statt. Er habe längere Zeit in Deutschland gearbeitet und verstehe auch etwas Deutsch. Also, nichts wie hin!
Nach wenigen Minuten stehen wir auf dem Platz eines Dorfes umringt von ca. 100-200 Dorfbewohnern, die die Kämpfer in der Mitte mit ihrem Gesang anfeuern. Die Kämpfer in traditioneller Kleidung wirken ausgelassen und fröhlich, machen Späße, während sie sich auf ihren nächsten Einsatz vorbereiten. Dass sie sich vorher mit Alkohol in Stimmung trinken, ist verständlich. In einem der Häuser spielen die Frauen einen immer gleichen Rhythmus auf den Trommeln, der den Männern ebenfalls Mut machen soll. Ich weiß gar nicht, wohin ich zuerst schauen und fotografieren soll. Schade, dass ich das Tele-Objektiv nicht mitgenommen habe, aber, wie konnten wir das denn ahnen! Ein Kämpfer greift mit einer Peitsche aus Büffelhaut an und der andere wehrt dies mit einem Schild aus Büffelleder und einem gebogenen Stab aus Bambus ab. Trifft er den Rücken des anderen, bilden sich rote Striemen, die, wenn es blutet nicht so weh tun sollen (so erklärt es unser Gastgeber). Zur besseren Anschauung zeigen uns einige Kämpfer ihre vernarbten Rücken. Es gibt strenge Regeln, die von den Alten kontrolliert werden. Jeder Kämpfer hat genau einen Schlag. Unser Freund erklärt uns, dass diese Kämpfe zu Hochzeiten, Weihe-, Richt- oder Erntedankfesten abgehalten werden und fordert Rolf auf, es selbst mal auszuprobieren, der dankend ablehnt – Weichei! Zum Schluss tanzen wir noch im Kreis mit und verabschieden uns von einem der Kämpfer mit einem Selfie.
Was für ein wundervoller Tag, was für Erlebnisse! Ich fühle mich wie ein neugieriges Kind, das unzählige „Warum-Fragen“ stellen möchte. Berauscht von diesen intensiven Eindrücken laufen wir zurück nach Ruteng, kaufen an einem Warung unser Abendessen „Martabak“ und freuen uns auf ein Bintang.