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Unser Sabbatical … Ein Fazit

Nun sind wir zurück … seit genau 30.05.2019, denn unsere Reise haben wir früher als geplant beendet. Eigentlich wollten wir Mitte Juli wieder in Deutschland sein, den Juni noch in Marokko verbringen. Doch Ramadan und Marokkos unerträgliche Hitze haben uns nach Spanien auswandern lassen. Zudem werde ich mich um meine Mutter kümmern, die seit ihrer Knie-Operation mehr Unterstützung benötigt. Des Reisens etwas müde geworden, ergibt es mehr Sinn, sich um die Familie zu kümmern. Eine kranke Mutter, ein fünftes Enkelkind, Sehnsucht nach Freundinnen. Der Grenzübertritt von Tanger nach Tarifa beeindruckt mich sehr, denn wir werden freundlich durchgewunken. Kein Stempel, kein Geld, kein Fingerabdruck, keine böse Miene, kein Visum, einfach nichts. Kopfnicken und weiter geht`s. Rolf klärt mich auf „Wir sind in Europa!“ Mir kommen die Tränen.

Während wir mit dem Bus von Algeciras zum Flughafen nach Malaga fahren, um dort einen Mini zu mieten, fällt mir die Lebensfreude der Menschen und die Sauberkeit der Straßen auf. Jeder kann hier tun, was er möchte, egal ob essen, (Bier/Wein) trinken, im Bikini oder oben ohne am Strand liegen, im kurzen Kleid durch die Stadt gehen … das ist Freiheit, die ich lange vermisst habe. Wie glücklich können wir uns schätzen, hier in Europa geboren worden zu sein, besonders als Frau. Ich bin so dankbar für unsere Bildungsmöglichkeiten, unser Gesundheitssystem und für unsere großes soziales Netz aus Familie und Freunden.

Besuch von zu Hause

Ich hätte vorher nicht gedacht, wie wichtig Besuch von zu Hause sein kann. Endlich mal wieder mit vertrauten Menschen quatschen, nicht immer nur Traveller-Gespräche, die sich häufig um die gleichen Themen drehen.

Im Dezember haben wir uns mit Frank auf Palawan/Philippinen getroffen und haben El Nido fluchtartig verlassen. Gemeinsam haben wir eine sehr abgelegene und geheime Bucht auf Palawan gefunden, in Port Barton einen traumhafte Schnorcheltrip gemacht und Franks Drohnen-Fotos schätzen gelernt. Zum Blogbeitrag …

Mit Frank haben wir uns auf Palawan, Philippinen, getroffen. …

Ganz gespannt waren wir Ende Februar auf meine Schwester und meinen Schwager in Kalkutta. Von unserer AirBnB-Wohnung aus erkundeten wir fünf Tage lang die indischste Stadt, die wir bisher erlebt haben. Laut, wuselig, beeindruckend, chaotisch, untouristisch … es folgte der Süden des indischen Subkontinents mit Chennai, Auroville und Goa. Zum Blogbeitrag …

Mit Saskia und Jürgen in Kalkutta, Indien. …

Dass wir die Safaris im Krüger-Nationalpark in Südafrika mit meinem Sohn Alex, seiner Frau Romina und den beiden Kindern Luan und Noomi zusammen erleben konnten, war ebenso ein Highlight und ein riesiges Geschenk. Zum Blogbeitrag …

Mit Alex, Romina, Luan und Noomi im Kruger Nationalpark, Südafrika.

Ohne euch hätte uns wirklich Vieles gefehlt!

Verwirklichung eines Traumes

Jahrelang habe ich davon geträumt, einfach immer weiter reisen zu können. Ein Sabbatjahr bietet nun mal diese unglaubliche Möglichkeit. Ich wäre doch wirklich blöd, wenn ich diese Chance nicht nutzen würde. Also fragte ich Rolf im Winter 2014 „Willst du mit mir ein Jahr lang reisen?“ … “Klar, das machen wir!“ war seine spontane Antwort. Dann habe ich den Antrag gestellt. So eine lange Ansparzeit. Voller Vorfreude und Motivation arbeitete ich auf dieses Ziel hin. Besonders das letzte Jahr vor dem Start war sehr intensiv, da die Reisevorbereitung doch viel Zeit in Anspruch genommen hat. Die letzten Wochen hatten es dann noch mal so richtig in sich. Die Untervermietung entpuppte sich als Hürdenlauf, die große Abschiedsfeier erforderte alle Energiereserven.

Nach … Tagen, als wir in Marokko unsere Rückkehr beschließen, kann ich es kaum glauben, dass unsere Reise nun zu Ende gehen wird. Mit feuchten Augen denke ich an all die Erlebnisse und nehme Abschied von diesem Traum, der nun zu Ende geht. Ich nehme auch Abschied von unserer Zweisamkeit und trauere ihr nach. Bin glücklich, dass wir sie erleben konnten.

Veränderungen

Unsere Reise hat unser ökologisches Bewusstsein noch stärker in den Mittelpunkt gerückt. Der Anblicke der Müllberge in Kathmandu, Kalkutta o.Ä. , an den Stränden Balis, in den Korallenriffen auf den Togian Islands und auch die gerodeten Urwälder (Palmöl) ist kaum auszuhalten. Möglichst kein Plastik mehr, ist die Devise! Kein Obst mehr in Tüten oder Schalen, keine Plastiktüte, kein Joghurt im Plastikbecher… Dass es nicht einfach ist, versteht sich von selbst. Ohne Auto sind wir sowieso mehr mit dem Rad unterwegs. Und Fliegen macht jetzt mal eine lange  Pause.

Highlights

Wir werden immer wieder nach den Highlights dieser Reise gefragt. Vietnam hat uns sehr in den Bann gezogen. Das außergewöhnliche Essen, Hanoi und die Landschaft in der Halong-Bucht, die Motorradtour im Norden Vietnams … das waren wirkliche Highlights. Auch die Abgeschiedenheit auf Kei Island/ Molukken, das Taj Mahal, die Thar-Wüste in Rajasthan, das Annapurna-Gebirge, ist , die alternative Lebensweise in Auroville, das geschäftige Kalkutta, das spirituelle Varanasi, die wundervollen Korallenriffe in Raja Ampat, die Löwen in Südafrika … doch das Beste am Reisen sind die Begegnungen mit Menschen:

  • die Familie auf Flores mit fünf Kindern, die wir mit kleinen Geschenken für die Kinder überrascht haben,
  • die Freude der Menschen auf Lombok nach dem Erbeben, als wir Reis, Decken und vieles mehr in die Dörfer gebracht haben,
  • die Menschen auf Kei Island und Raja Ampat, die noch so ursprünglich leben und uns Einblick in ihre Kultur gewährt haben,
  • die Bootsmänner auf Kei Island und Raja Ampat, die uns geduldig von Insel zu Insel gebracht und uns die besten Korallenriffe und Strände gezeigt haben,
  • die Crew von Tao Philippines, die sich rührend um ums und insbesondere um Rolfs Verletzung gekümmert hat,
  • unsere Guides in Nepal, die uns Schritt für Schritt unterstützt haben,
  • die Familie Gurung in Nepal, die uns ihr neues Haus gezeigt hat, dass sie u. a. von den Spendengeldern bauen konnte,
  • das Wiedersehen mit Lata, die sich um alleinerziehende Frauen mit Behinderung kümmert,
  • die Begegnung mit Elsa in der Sapana Village School in Chitwan/Nepal,
  • unser Fahrer Mahendra in Rajasthan, der uns zwei Wochen lang sein Rajasthan gezeigt hat,
  • unser Yoga-Lehrer Amogh am Agonda Beach, der uns unzählige Asanas gezeigt und mit uns geschwitzt hat,
  • der Besitzer vom „Sea-Star“ am Patnem Beach, der uns einen zweiten Ventilator gebracht hat,
  • die Fahrrad-Guides in Soweto, die uns ihr Soweto mit großer Hingabe gezeigt haben,
  • die Ranger im Krüger Nationalpark, die unentwegt versucht haben, den Leoparden ausfindig zu machen…

Sie alle haben uns eine andere Welt gezeigt, ihre Heimat, ihre Familie, ihre Kultur, ihr Essen, ihre Gewohnheiten, ihre Menschlichkeit und ihre Bedürfnisse. Wir sind dankbar für all diese Begegnungen. Sie alle sind gut und liebenswürdig. Wir wurden überall mit offenen Armen empfangen.

Mit zwei Rucksäcken fast ein ganzes Jahr unterwegs.

Vom Glück als Paar zu reisen

Nach dem Motto „ Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ stürzten wir uns in das größte und folgenreichste Experiment unserer Beziehung. Dass Liebe Arbeit ist, wird auch auf Reisen so sein.

Nach unseren Erfahrungen in den ersten Monaten in Indonesien spüre ich die ersten Veränderungen. Unser Leben ist nun voller Abenteuer, Action und Herausforderungen. Und wir haben Zeit … unendlich viel Zeit. Darauf hatte ich mich auch so sehr gefreut, wo ich doch so oft am Wochenende viel zu viel gearbeitet habe, statt mich zu entspannen oder mit Rolf  Fahrrad zu fahren. Je abenteuerlicher und abgelegener es wird, je mehr spüre ich, wie sehr ich Rolf brauche. Dass uns unsere Beziehung im Verlauf dieser Reise immer wichtiger wird, denn ohne den anderen, würden wir diese schwierigen und auch frustrierenden, überfordernden oder nervigen Situationen schlechter aushalten, wird immer deutlicher. Die Glücksmomente bereiten noch mehr Freude und die Frustmomente sind nur noch halb so schlimm … frei nach “Geteiltes Glück ist doppeltes Glück“.

Indonesien, Kei Islands,Yoga am Strand.

Auch unsere Rollen werden klarer und intensiver. Wir sind Freunde und Reisepartner, aber auch Liebespartner. Dass wir uns auf den anderen verlassen können, wird überlebenswichtig. Ohne Visum am Flughafen zu stehen, würde zur Odyssee, wenn der andere es trotz Absprache nicht organisiert hat. Mit den Rollen klären sich die Aufgaben. Während Rolf der perfekte Finanzmanager ist, bin ich als Reiseleitung unentbehrlich. Wo fahren wir nochmal hin? Wie kommen wir von Hanoi nach Ninh Binh? Ist das Frühstück mit drin? Gibt es auch Wifi? Wie heißt das Hotel? Wie lange bleiben wir dort? Was machen wir eigentlich da? Diese sich wiederholenden Fragen beantworte ich immer wieder geduldig, während er mir unsere Ausgaben akribisch vor Augen führt und die Kontobewegungen im Blick behält. Ohne den anderen geht irgendwie nichts mehr. Natürlich fallen wir auch in Löcher, die unsere Stimmung runterziehen. Wenn der andere uns da wieder rausholen kann, umso besser. Außerdem ergibt es wenig Sinn, hier länger im dunklen Loch zu bleiben. Also, Kopf hoch, Krone richten und weiter geht’s.

Die anfängliche Idee, das zweite Halbjahr alleine zu reisen, da Rolf ursprünglich sich nur ein halbes Jahr beurlauben lassen wollte, haben wir glücklicherweise verworfen. Je länger wir reisen, je absurder erscheint mir diese auch. Die Vorstellung, Rolf zum Flughafen zu bringen und dort zu verabschieden, nachdem wir ein halbes Jahr unentwegt zusammen waren … nein, nein, das geht auf gar keinen Fall! Sturzbäche von Tränen würde ich vergießen … in solchen Momenten spüre ich es wieder … wie wichtig doch die Beziehung auf so einer Reise wird!

Jedes Land, jede neue Kultur stellt uns vor neue Herausforderungen. Jeder Ortswechsel erfordert, dass wir uns neu orientieren. Unsere Anpassungsfähigkeit ist extrem gefragt. Das schweißt auch die Beziehung zusammen, denn diese neuen Erlebnisse, Anforderungen und Entscheidungen, die es in dieser Art in Köln nicht gibt, gemeinsam zu bewältigen, geben uns noch mehr Kraft.

Vietnam, Kochkurs in Hanoi.

Wie wunderbar es ist, alles miteinander teilen zu können, die traumhaften sowie die schrecklichen Momente, das fürchterliche Essen in Manila oder die usselige Unterkunft in Pushkar, die farbenreichen  Sonnenuntergänge auf Kei Island, die Freude der Familie auf Flores, der Kochkurs in Vietnam, Rolfs Verletzung durch Seeigel auf den Philippinen, unsere Yoga-Stunden in Goa, die anstrengende Trekkingtour in Nepal, die kalten Nächte im Annapurna-Gebiet, die nicht funktionierende Klospülung, unsere unzähligen Restaurantbesuche und so vieles mehr. Was gibt es Schöneres, als all dies mit seinem liebsten Partner zu erleben? Diese Erinnerungen sind unsere Goldmine. Wenn wir (noch) älter sind, können wir darin schwelgen und uns vor Lachen kringeln.

Damit sich jeder auf so einer Reise wohlfühlen kann, ist es gut, die Gewohnheiten des anderen zu kennen. Dass Rolf morgens beim Kaffee seine Ruhe braucht, dass ich wegen Hitzewallungen körperlichen Abstand, Fächer und ein Schweißtuch brauche, dass ihn nasse Klodeckel und mich seine schmutzigen Sandfüße nerven … Auf diese Eigenarten ist Verlass!

Philippinen, Kontakt mit einem Diadem-Seeigel, 80 Stiche in einer Hand.
Philippinen, Unterwegs mit TAO-Philippines auf Palawan.

Natürlich streiten wir uns auch, doch das sind keine verletzenden Auseinandersetzungen. Manchmal gehen wir uns dann eine zeitlang aus dem Weg, finden am gleichen Tag auch wieder zusammen.

Selten verbringen wir Zeit getrennt voneinander. In schwierigen Situationen hilft es sehr, wenn einer die Ruhe bewahren kann. Als eingefleischte Optimistin versuche ich das Positive hervorzuheben und sorge für die Erfüllung der wichtigsten Bedürfnisse wie Essen, Bier, Wifi, Bett. Ich muss auch nicht mehr alles verstehen. Schon mal gar nicht in Indien. Das ist eh nicht möglich, ob der mangelnden Verständigungsmittel und kulturellen Unterschiede. Gleichmut …Om Shanti … alles wird gut …!

Danke, Rolf, dass wir dieses Abenteuer gemeinsam erleben durften!
Indonesien: Kei Islands I.
Indonesien: Kei Islands II.

Rückblick auf ein halbes Jahr auf Reisen

„Genieße das Leben ständig, denn du bist länger tot als lebendig!“

Ich habe mich selten so frei und glücklich gefühlt wie in diesem halben Jahr. Das Gefühl so weit weg von gesellschaftlichen Zwängen zu sein, jeden Tag so zu leben wie ich möchte, zu essen, wenn ich Hunger habe, zu schlafen, wenn ich müde bin. Neben den wunderschönen Landschaften mit der einzigartigen Tierwelt, ob Karststeinberge mit Reisfeldern mit der Halong Bucht in Vietnam, weiße Strände auf den Molukken, bunte Korallenriffe und Großfische auf Papua, Vulkane auf Flores, Nashörner und Krokodile im Dschungel mit dem Annapurna-Massiv in Nepal, das Mekongdelta in Kambodscha mit Angkor Wat sind die Erlebnisse mit den Menschen am berührendsten. Die Menschen, die uns ihre Häuser, ihre Tiere, ihre Felder, ihren Brunnen, ihre Waschplätze, ihre Art zu kochen und zu schlafen, sich fort zu bewegen, zeigen, wie sie mit ihren Kindern spielen,  wie sie hier Hochzeiten feiern und Spaß haben, all das macht die Würze solch einer Reise aus. Wenn ich den Kindern auf der Straße, in den Bussen oder Booten Kekse und Luftballons schenke und sie mir entgegen lächeln oder staunen, geht mein Herz auf. So sorge ich immer für einen Vorrat in meinem Rucksack. Ich liebe diese Abwechslung, bin neugierig auf die Welt. DAS IST LEBEN! 

Direkthilfe mit den Spenden unserer Familie und Freunden auf Lombok

Ich weiß, dass ich wieder zurückgehe in meinen Beruf. Ich bin dankbar, dass ich eine gute Ausbildung und das Studium geschafft, dass ich einen gut bezahlten Job habe und ich mir solche Reisen leisten kann. Doch ich möchte mich nicht mehr so aufsaugen lassen, möchte meine Lebenszeit nicht mehr in diesem Mäße der Schule widmen. Das nehme ich mir jedenfalls feste vor!

Ich freue mich riesig, meine Familie wiederzusehen. Sie fehlt mir hier am meisten. Auch meiner Familie möchte ich danken, dass sie mich in meinen Ideen vom Reisen unterstützt haben, dass sie so eine abenteuerlustige „Mama und Oma“ toll finden, dass meine Mutter mich einfach gehen lässt, obwohl sie mich bestimmt auch hin und wieder gebraucht hätte. Mein Vater im Himmel  beobachtet mich bestimmt auf dieser Reise und schüttelt so manches Mal den Kopf, wenn er mich hier sieht. Er beschützt mich noch immer, das spüre ich. 

Besuch bei der Familie Gurung mit ihrem jüngsten Nachwuchs

Auch Luan, Noomi, Fabian und Jonas, meine Enkelkinder, vermissen ihre Oma bestimmt sehr. Was es für sie bedeutet ein Jahr ohne sie zu sein, kann ich mir kaum vorstellen. Ich komme ja wieder und bin dann noch viele Jahre für euch da. 

Ich freue mich auf meine Schwester und auf Jürgen am 01. März in Kalkutta. Ein bisschen Heimat. Vertrautheit. Bindung. Das tut uns auch mal wieder gut.

Dass ich all diese positiven wie negativen Erlebnisse mit dem Menschen teilen kann, den ich so sehr liebe, macht mich glücklich. Dafür bin ich Rolf so dankbar! Dass Reisen mitunter auch sehr anstrengend sein kann, haben wir immer wieder gespürt. Manchmal war uns nur zum Heulen oder Abhauen! Doch zusammen schaffen wir es wirklich super! Wenn’s gar aussichtslos erscheint, hilft mir  Tomorrow is another day“… und letztlich wird alles gut! 

Treffen mit Lata in Kathmandu inkl. einer kleinen Spende für ihre Stiftung

Papua – eine Reise in eine andere Welt

Der rot markierte Ort ist die Station zum Beitrag: Kri Islands / Raja Ampat

Vor unserer Reise war ich fasziniert von der Idee, in den östlichsten Teil von Indonesien nach Papua zu reisen. Dort, wo Naturvölker wie die Danis im zentralen Hochland (Baliem Valley) herumlaufen, wo bis in die Sechzigerjahre Kannibalen und Kopfgeldjäger lebten, weit abgelegen und weitgehend ohne westlichen Einfluss, wo der Dschungel intakt ist und wo es die vielfältigsten Korallenriffe dieser Erde mit mehr als 1200 Fischarten zu entdecken gibt … eine Spielwiese für Taucher und Schnorchler. Ja, da wollten wir hin! Doch wie sieht es nun wirklich aus? Auf welche Abenteuer lassen wir uns hier ein?

Diese große Insel Neuguinea ist zweigeteilt: der westliche Teil (Papua) gehört zu Indonesien und das östliche Papua Neuguinea ist unabhängig. Wahrscheinlich wurde die gerade Grenzlinie, die sich nicht an Volksgruppen und Orten orientiert, am Schreibtisch der Kolonialherren gezogen. Hier gibt es noch über 320 indigene Völker mit eigener Sprache, Kultur und Tradition. Die Reiseplanung für Papua ist mitunter schwierig. Da wir uns in den drei Monaten hier in Indonesien Stück für Stück weiter gen Osten bewegt haben, ist die Anreise für uns von Ambon nur noch ein kurzer Flug mit der Propellermaschine nach Sorong. Währenddessen breitet sich unter uns die grandiose Inselwelt Raja Ampats aus, die grün bedeckt mit Urwald ist.

Von Haien und On-Water-Bungalows (Gam Island/Raja Ampat)
Am Flughafen von Sorong bekommen wir unsere Rucksäcke so schnell wie nie zuvor, da nur vier Gepäckstücke auf dem Band liegen. Wieder sind keine Touristen zu sehen. Die 15minütige Taxifahrt zum Hafen unterbrechen wir am ATM, da in Raja Ampat Bargeld wichtig ist. Mittlerweile tragen wir mehrere Millionen Rupiah mit uns herum. Am Hafen fallen mir sofort die Papuas auf mit ihrer kleinen Körperstatur, der fast schwarzen Haut, den sehr krausen Haaren, der breiteren Nase und den von der Betelnuss gefärbten roten Zähnen. Beim Kauen der Betelnuss bildet sich augenscheinlich so viel Speichel, dass dieser unweigerlich ausgespuckt werden muss. Dementsprechend sieht hier der Boden aus – überall rote Flecken – wie Blutstropfen.

Hafen von Waisai

Am Hafen von Waisai

Es ist noch früh an diesem Vormittag. Was sollen wir hier bloß bis 14 Uhr tun? Das Ticket nach Waisai ist schnell gekauft, die karge Wartehalle lässt uns ein Plätzchen draußen suchen. Ein Baum am Hafenbecken wird dank unserer Rucksäcke zur Rückenlehne. Und wieder werde ich angesprochen – Selfies mit jungen Musliminnen! Am Hafen ist geschäftiges Treiben. Schiffe werden beladen, Fischer versuchen ihr Glück an der Kaimauer, Händler bringen per Moped, per Pedes oder Pickups ihre Waren zu den Schiffen. Natürlich werde ich bestaunt, aber niemals belästigt. Eher scheu und zurückhaltend nehme ich die Menschen hier wahr. Englisch ist kaum verbreitet. Eine „POP MIE“ (Instant-Nudelsuppe) vertreibt unseren Hunger. Ohne eine Toilette in Sicht verzichte ich in der Hitze auf Wasser. Zwei spielende und lachende Papua-Mädchen lassen sich von mir fotografieren. Ein Schwein mit Ferkel kreuzt den Weg. Erst als die Fähre von Waisai kommend anlegt, entdecken wir die ersten Touristen, die von Bord kommen. Auch auf der zweistündigen Überfahrt sitzen nur drei Europäerinnen neben uns. Über ein steil angelegtes Brett steigen wir in Waisai aus und werden direkt von einer örtlichen Raja Ampat – Mitarbeiterin zum Office begleitet, um die 1 Mill. Rupien pro Person (Permit) für den Nationalpark zu bezahlen. Das Boot vom Kordiris Homestay wartet schon. Nach ca. 45 min erreichen wir noch kurz vor Sonnenuntergang unsere erste Unterkunft auf Gam Island.

Besser geht nicht …

Eine der Hütten über dem türkisfarbenen Wasser wird unsere sein! So ein klares Wasser habe ich noch nie gesehen. Der Steg flößt mir reichlich Unbehagen ein. Da soll ich jetzt mehrmals täglich drüber laufen? Hui … das wird eine Aufgabe für mich. Beim Anblick des letzten Bungalows ist Rolf so begeistert, dass ich mich freue. Wie gerne hätten wir jetzt ein kaltes Bier. Und tatsächlich … in dem On-Water-Restaurant bekommen wir sogar drei kalte Bier. Wie üblich gibt’s erst einmal einen Plausch mit den anderen Gästen und mit Anton, dem Manager des Homestays.

Kordiris Homestay, Gam Islands, Raja Ampat

Als es in der Nacht anfängt zu donnern, zu blitzen und zu regnen, liegen wir wach auf unserer Matratze, dem einzigen Möbelstück in unserer Hütte. Ganz schön unheimlich hier so über dem Wasser, so nah und direkt den Naturgewalten ausgeliefert zu sein. Eingeschlafen und aufgewacht sind wir mit den Wellen unter unserer Hütte.

Um unser Homestay herum ragen grüne Berge hervor, in denen Paradiesvögel und Kuskusse zu Hause sind. Eines morgens steht Rolf mit ein paar anderen Gästen sehr früh auf. Zwei Guides führen Sie hinauf auf den Berg, doch die Vögel sind einfach zu weit in den Baumwipfeln, als das ein Foto sie hätte einfangen könnte. Bin ich froh, dass ich noch zwei Stündchen Schlaf haben konnte.

Unser erster Hai!

Als morgens ein recht großer Schwarzspitzenriffhai mit zwei Babyhaien unter unseren Bungalows seine Kreise zieht, muss ich erst einmal schlucken. Okay, er ist zwar harmlos, dennoch bin ich erst einmal beeindruckt. Hier soll ich Schwimmen/Schnorcheln gehen? Was mache ich denn bloß, wenn ich ihm begegne? Als sich dann noch eine – hochgiftige – gebänderte Gelblippenschlange am Ufer in ein Loch verkriecht, bin ich sprachlos.

Traveller helfen Traveller – oder?
Es ist immer wieder interessant, welche Traveller wir auf Reisen kennenlernen. Häufig verbringen wir Touren und Abende mit ihnen. Hier, wo alle an einem langen Tisch essen, treffen wir auch zu den Mahlzeiten zusammen. Durch das ständige Kommen und Gehen, verändert sich die Zusammensetzung immer wieder. Mit dem Spanier, Jesus, werden wir noch einige Erlebnisse haben. Bereits am ersten Abend, als er eröffnet, dass er Haie liebt und gerne mal Cagediving in Südafrika machen möchte, ist er bei mir unten durch. Dann als er die Rechnung im Homestay nicht bezahlen kann, da er seine Kreditkarte nicht mehr hat, als er beim Schorcheln bei starker Strömung einfach wegdriftet ohne bei der Gruppe zu bleiben und ohne Ankündigung vom fahrenden Boot springt, zweifele ich nicht mehr an meiner Einschätzung „Crazy … bekloppt …“. Letzten Endes hilft Rolf ihm sogar noch aus der Patsche, indem er seine Rechnung für ihn per VISA bezahlt. Der Haken ist nur, dass er die 100€ nicht direkt zurückzahlen kann. Wie kann man hier ohne Geld schlafen und essen? Einen Tag später kann sein Vater glücklicherweise das Problem per Überweisung lösen. Viel gelernt! Doch der Höhepunkt kommt noch.

Regenbogen Vol.2

Schildkröten beim Schnorcheln – ein Highlight in Raja Ampat
Zum Schorcheln fahren wir mit den Holländern und unserem Spanier nach Kri Island. Am ersten Riff kommen wir aus dem Staunen kaum heraus. Wir sehen unzählige Fische im glasklaren Wasser. Doktorfische, Kofferfischen Clownfische, Barrakudas usw. Die Schildkröten scheinen keine Berührungsängste zu haben. Wir können ganz nah an sie heran schwimmen und sie lassen sich nicht stören. Was für eine Anmut Ihnen beim Schwimmen zuzuschauen. Fühle mich wie im Rausch in diesem unendlich blauen Wasser. Diese Riffkanten sind der Hammer! Auch als wir beim zweiten Spot am Kap Kri ins Wasser springen, umringen uns direkt große Fische. Die Strömung hier bremst uns aus, noch auf den Strand am Kap zu schwimmen. Immer mehr bekomme ich ein Gespür für die Gefährlichkeit der Strömung. Als wir alle ins Boot steigen, fehlt unser Spanier. Anton, unser Guide, wird direkt nervös, denn er fühlt sich verantwortlich. Aufgeregt kurvt unser Bootsmann um die Bucht, wir rufen und suchen. Plötzlich erscheint der Spanier schlendernd auf der Brücke. Er sei zu weit abgetrieben worden, so dass er keinem mehr Bescheid sagen könnte. Wir schauen uns nur noch entsetzt an. Was für ein Vollidiot! Warum bleibt er nicht bei der Gruppe? Wie leichtsinnig bei dieser gefährlichen Strömung ohne Flossen zu schnorcheln!

Kindheit in Papua
Während wir hier am Strand täglich unser Yoga am Strand praktizieren, schaut uns die Tochter der Familie interessiert zu bis sie uns nachahmt. Über die Luftballons komme ich in Kontakt mit den Kindern mit Rotznasen, die niemand wegwischt. Die Papua-Frauen hier kleiden ihre rundliche Figur gerne in eine Art Hello-Kitty-Schlafanzug. Mit den vier Kindern hier wird nur ab und zu mal gespielt oder geschwommen, ansonsten sind sie sich eher selbst überlassen. Das sechsjährige Mädchen kümmert sich um den vierjährigen Bruder, tröstet ihn, trägt ihn auf dem Arm, zieht ihn an und aus. Vorne im Meer schwimmen und spielen sie allein, tauchen unter, kommen auch wieder hoch. Unvorstellbar bei uns! Als das Mädchen einmal von der offenen Seite des Restaurants mitsamt Kleid ins Wasser fällt, schreit sie wie verrückt. Die Eltern kommen herbei, schauen nach unten und lachen. Ich kann das Schreien kaum aushalten. Warum hilft ihr keiner? Es dauert etwas, bis der Vater sich an einem Stamm herab bewegt und sie aus dem Wasser zieht. Sie läuft weinend weg. Niemand nimmt sie in den Arm und tröstet sie. Wenn die Kinder in die Schule kommen, ziehen sie auf eine andere Insel, damit sie dort zur Schule gehen können. Nur an den Wochenenden lund in den Ferien können sie ihre Familien besuchen. Kindheit in Papua ist – aus unserer Sicht – hart!

Unsere Gastgeber vom Kordiris Homestay

 

Arborek – ein kleines Eiland
Nach fünf Tagen brechen wir mit den drei Holländern und unserem Spanier auf nach Arborek, ein sehr kleines Eiland mitten auf dem Meer. Dort gibt es ein Dorf und ein paar Homestays. Das Manta Homestay soll unsere Bleibe werden. Die Idee ist, die Tour nach Piaynemo, ein absolutes Highlight hier in Raja Ampat, von hier aus zu starten, da es nicht mehr ganz so weit und teuer ist. Normalerweise kostet die Tour von ihr aus 3 Mill. Rupien (180 Euro). Wenn wir zu sechst fahren, sind es nur noch 30 Euro pro Person. Nach einer mindestens einstündigen Bootsfahrt geht man über einige Treppen auf eine Aussichtsplattform und hat einer wunderbaren Blick auf die vielen kleinen Inseln, die wie grüne Knubbel im türkisfarbenen Meer liegen. Doch beim Abladen der Rucksäcke tritt Rolf in eine Koralle, er blutet und zack ist die Idee “Piaynemo“ dahin. Aufgrund Rolfs Erfahrung mit Wunden durch Korallen – nach einer Thailandreise bestand der Verdacht auf eine sehr gefährliche Tropenkrankheit – kommt Panik auf, die Wunde könnte sich entzünden und ggf. über Wochen nur schwer verheilen. Rolfs Stimmung, die langsam in den Keller rutscht, versuche ich wieder aufzuhellen, indem ich mich im Dorf auf die Suche nach Bier begebe. Die erbarmungslose Mittagssonne knallt herab. Keine Berge, keine Wolken, kaum Schatten. Natürlich ergattere ich erst im dritten Lädchen zu warmes Bier. Ein geschmackloses und mageres Essen, eine viel zu heiße Nacht, das schmuddelige Homestay … all das reicht aus … wir reisen ab … auf nach Kri Island.

Immer wieder schön … nette Menschen unterwegs zu treffen und mit ihnen ein paar Tage zu verbringen

Homestay – Wechsel auf Kri Island
Um die Transportkosten nach Kri Island zu teilen, fahren wir mit einem Schweden und unserem Spanier, die beide in die gleiche Richtung und weiter zum Haupthafen nach Waisai wollen. Eine gute Idee, denken wir und bezahlen schon mal 500.000 IDR (30 Euro). Da unser Ziel auf halbem Wege liegt, halten wir eine Beteiligung an unseren Kosten zwar für selbstverständlich, doch die Beiden nicht. Sie brauchen ja nur für den 2. Teil zahlen – seltsame Logik! Beim Aussteigen ist Rolf auf 180, zumal er dem Spanier vorher aus der Patsche geholfen hat. Doch der hat scheinbar ein anderes Verständnis von Fairness und letztlich gibt der arme Bootsmann, der den Streit nicht hören mag, Rolf einen Teil zurück. WTF …!

Das Yenkoranu Homestay auf Kri Island, auf das ich mich so gefreut habe, enttäuscht uns in jeglicher Hinsicht, denn der Bungalow ist sehr schmutzig. Eine tote Kakerlake im Moskitonetz, Dreck und Haare auf dem Boden, stinkendes und abgestandenes Wasser im Mandi. Niemand hat hier seit Wochen saubergemacht. Oh man, wie sollen wir das bloß aushalten?

Ich laufe direkt die Küste entlang, besessen von der Idee, etwas Schönes zu finden. In Raja Ampat gibt es nur zwei Kategorien von Unterkünften: teure Dive Resorts oder preiswerte Homestays von Einheimischen, die meistens aus ein paar Holzbungalows mit Gemeinschaftsdusche/Toilette bestehen, mit einer Matratze auf dem Boden, einfaches Essen und Wasser/Tee und Kaffee zur freien Verfügung. Am Kap Kri entdecke ich zwei außergewöhnlich große und schöne Bungalows des Yenbuba Homestays, die mich hier warten lassen, bis die Managerin, Rose, kommt. Übermorgen könnten wir in den ersten Bungalow ziehen.

Oh, was ein Glück! Das muss ich Rolf schnell schreiben, natürlich mit Fotos! Jetzt müssen wir nur noch die zwei Nächte hinter uns bringen!

Da wir unseren Reiseplan ändern und nicht mehr ins Baliem-Tal fahren werden, sind wir mit Stornierungen und Buchungen der Flüge glücklicherweise sehr beschäftigt.
Wir nutzen die Gelegenheit und lassen uns mit dem Boot zu einer Krankenstation im Nachbarort bringen, um seine Wunde mal checken zu lassen. Drei überaus freundliche – nennen wir sie mal – „Arzthelferinnen“ kümmern sich aufopfernd um Rolf, befreien seine Wunde von einigen kleineren Fremdkörpern und lassen ihn dann nach dem obligatorischen Gruppenfoto, von einigen Sorgen befreit, nach Hause schippern.

… nach der erfolgreichen ärztlichen Versorgung das obligatorische Gruppenfoto

Das Yenbuba Homestay entpuppt sich als eine sehr gute Wahl. Für 900.000 IDR (54€) bekommen wir hier einen außergewöhnlich großen und schönen Bungalow mit Hängematte und drei Mahlzeiten . Das Essen ist für die erschwerten Bedingungen hier in Papua sehr gut und vor allem für alle Gäste ausreichend. Das Frühstück bleibt weiterhin karg: Bananen oder Kuchen. Gekocht wird noch mit Holz, ohne Strom keine Kühlung und die nächste Einkaufsmöglichkeit ist in Waisai, wohin eine einstündige Bootsfahrt führt. Kein leichtes Geschäft in einem Homestay mehr als 10 Gäste täglich zu bekochen.

Auf der gegenüberliegende Insel Mansuar soll es einen Shop mit Keksen, Kaffee, Telkomsel (SIM-Karte aufladen), Zahnpasta u.Ä. geben, der bei Ebbe über eine Sandbank erreichbar ist. Unser Ausflug dorthin wird mal wieder zum kleinen Adventure. Auf der Sandbank mit Flipflops durch das Wasser zu waten, treibt mir den Schweiß aus den Poren, zumal sich diese länger hinzieht als gedacht. „Dieser Ausflug ist eine bescheuerte Idee und wie sollen wir bei steigender Flut denn wieder zurückkommen?“ so Rolf. Kurz davor umzukehren, durchqueren wir noch ein tieferes Seegrasfeld – ohne Sicht, wohin wir treten – und erreichen endlich das Dorf. In dem dunklen Shop sitzt hinter einem Gitter tatsächlich ein Mann, der uns Kekse und Zahnpasta durch ein Loch im Gitter durchreicht. Mehr gibt’s eh nicht. „Manchmal möchte ich einfach nur zu Rewe gehen!“ Ein Fischer bringt uns in seinem schaukeligen Fischerboot gekonnt über die Korallen zurück . Was ein Einkauf!

Die nächste Schnorcheltour wird auch keine Kaffeefahrt. Vom Strand aus schnorcheln wir in Richtung Riffkante, wo wir zwei Schnorchler sehen. Mir haut wie aus dem Nichts einer der beiden Schnorchler beim Kraulen mit der Hand auf den Kopf und Rolf ruft im gleichen Moment „Eve, weg hier … komm sofort weg hier!“ Geschockt und verwirrt nehme ich die starke Strömung war, die uns wie ein Kanal nach draußen zieht. Gegen die Strömung anzuschwimmen ist so kräftezehrend, dass wir Pausen einlegen müssen, in denen wir glücklicherweise stehen können. Ein paar Mal durchatmen und weiter geht’s. Erschöpft erreichen wir schließlich den Strand. Ohne Boot und Guide/Gruppe bist du zu sehr auf dich alleine gestellt, denn niemand schaut nach dir, niemand informiert dich über die Strömungen … das hatten wir uns doch einfacher vorgestellt.

Yenbuba Homestay auf Kri Islands / Raja Ampat

Goodbye Papua
Nach fast zwei Wochen verlassen wir dich nun. Das Baliem-Tal mit den Trekkingtouren zu den ethnischen Gruppen können und wollen wir bei dem Regen nicht angehen – zumal Rolfs Fuß diesen Strapazen noch nicht gewachsen ist. Obwohl es einer meiner Träume ist, einmal bei den Danis im Hochland zu sein, ändern wir unsere Route. Diese verschlammten kräftezehrenden Dschungeltouren bei Regen sind einfach keine Option.

Wir haben hier eine ganz andere Welt kennen lernen dürfen. Noch nie in meinem Leben war ich so weit von meinem Alltag entfernt gewesen und mir wird bewusst, wie wertvoll diese Erfahrung ist. Diese Ruhe zu spüren, so fernab von allem, mit den uns so fremden Dschungelgeräuschen, dieser riesige klare Sternenhimmel, diese fühlbare Entschleunigung. Ich fühlte mich unfassbar klein, gleichzeitig auch als ein Teil des großen Ganzen. Der Natur ausgeliefert und untergeben, fasziniert von der Reinheit unter Wasser. Ich schätze das Glück, hier gewesen sein zu können. Die eher zurückhaltenden und stolzen Papuas, die in dieser Inselwelt von Raja Ampat fernab von unserer Zivilisation ein so anderes Leben führen, die so sehr mit dem Meer verbunden sind, haben uns schon sehr beeindruckt.

Von Sorong nach Sulawesi
Die Dusche, das Waschbecken, die Toilette und das Bett im Hotel Guardian in Sorong sind für uns nach dieser langen Zeit eine Wohltat. Die uns bislang unbekannte Sriwijaya Airline lernen wir nun von ihrer schwachen Seite kennen. Der Flug nach Makassar um 11 Uhr wird gecancelt, so dass wir bis 14:30 Uhr warten müssen. Anschließend werden wir stündlich vertröstet. Niemand spricht Englisch, niemand scheint wirklich informiert zu sein. Während uns immer deutlicher wird, dass wir den Anschlussflug nach Luwuk nicht mehr bekommen können und eine Nacht in Makassar verbringen müssen, geraten andere Reisende weitaus mehr in Stress, da ihr anschließender Langstreckenflug auf dem Spiel steht. Nach vielen Stunden des Wartens landet die Maschine dann doch noch. Kaum zu glauben, dass wir dann gegen 17.30 Uhr abheben. Dass am Flughafen Makassar dann Chaos herrscht, irritiert uns nicht. Wunderbarerweise löst sich alles auf. Auch unser Gepäck bekommen wir noch. Das Hotel (bezahlt von der Airline), das aussieht wie ein Schloss, hätte wir nun wirklich nicht erwartet.

Wir geniessen den Luxus und am nächsten Tag geht es weiter per Flieger, Privat-Driver, Fähre und Longboat zu unserem nächsten Ziel – den Togean Islands auf Sulawesi …

Das Paradies ist nicht möbiliert

Denpassar auf Bali ist ein Zwischenstopp auf dem Weg von Flores weiter in den Osten auf die Molukken. Nach den Wochen in den eher abgelegenen, einfachen Unterkünften kommen zwei Tage mit eher komfortabler Infastruktur genau richtig, auch wenn wir anschließend eher froh sind, aus dem Trubel wieder raus zu sein. Diese beiden Tage werden genutzt für „Restaurierungsaktionen“ jeglicher Art: Eve nimmt das Komplettprogram mit Haarpflege jeglicher Art, Pedi- und Maniküre, sodass ich nach einigen Stunden per WhatsApp nachfrage, ob sie denn abhanden gekommen wäre. Ich begnüge mich mit einer Rasur, damit ich meinem Erscheinungsbild als Waldschrat (wie mein Freund André so nett bemerkte) auch weiterhin gerecht werde. Immerhin kriegen wir noch zusammen eine balinesische Massage hin … eine Wohltat!

Strandleben auf Bali

Am Abend vorher sind wir nach einem Sundowner am völlig überfüllten Stran durch das parkähnliche ruhige Gelände des Intercontinental Hotels spaziert und haben uns vorgenommen, den nächsten Abend dort zu verbringen. Die Übernachtung mit 320 Euro würde unser Budget zwar sprengen, aber den Nachmittag im Park am Meer mit Bier und Fritten erscheint uns als wahrer Luxus und unsere „missgünstigen“ Kommentare über die hier wohnenden Gäste als legitim.

Die Stadt Ambon auf den Molukken ist unsere nächste Station, vor allem um unsere zweimonatigen Visas um einen weiteren Monat zu verlängern. Drei Tage haben wir eingeplant, in der Hoffnung, dass dies ausreicht. Wir haben schon Geschichten über mehrwöchige Wartezeiten gelesen, aber Eves Recherchen dazu erweisen sich wieder als zutreffend, denn nach 2 Tagen haben wir die Verlängerung in unseren Pässen. Mit sehr freundlichen, aber auch sehr gründlichen Mitarbeitern des „Imigrasi“, sodass wir auch noch einen einheimischen „Sponsor“ benötigen, der ein Empfehlungsschreiben erstellt. Den finden wir in unserem Hotel-Besitzer, der sich die Zeit nimmt, dieses Schreiben handschriftlich aufzusetzen. Der Höhepunkt dieser ganzen Aktion ist dann noch ein Video-Interview der Behörde, ob wir denn zufrieden mit den Mitarbeitern seien und ein abschließendes gemeinsames Foto.

Die gesamte Ingrassi nach der erfolgreichen Visum-Verlängerung

Die Tage hier sind schon etwas besonderes, wir scheinen die einzigen Nichtindonesier auf dem Flug zu sein und in der Stadt bekommen wir zu keiner Zeit einen westlichen Touristen zu Gesicht.

Als nächstes wartet das Paradies auf uns – die Kei Islands …

„Das Paradies ist nicht möbliert“

Einer meiner Lieblingszitate eines Buchtitels. Denn im Paradies findet man oft nur wenig von dem, was wir in der westlichen Welt für wichtig oder normal halten. Du bekommst zwar kaltes Wasser mit Mandi-Dusche (ein Wassertrog mit Schöpfkelle, die man sich als Dusch-Ersatz über den Kopf giesst), eine Toilette ohne Spülkasten, aber mit Moskitos, Skorpionen usw., dafür aber ein wirklich authentisches Reiseziel mit leckerem Essen, häufig auch Bier und jede Menge freundlicher, lachender und neugieriger Menschen, die uns mit „Hello Mister, how are you“ begrüßen.

An diesem so unberührten Flecken Erde fällt uns sofort die Ruhe auf, die wir in Ambon oder auf Bali so vermisst haben. Indonesien ist in den Städten ein lautes Land. Vor allen Dingen auf langen Fahrten werden wir bis zur Schmerzgrenze beschallt (was nicht als Sitzplatz genutzt werden kann, wird für Lautsprecher genutzt).

Unser Strand auf Kei Island

Leichtes Meeresrauschen, tropisches Gezwitscher und das Rauschen des Windes umgeben uns. Plötzlich ohne Motorengeräusche und Hupen, so wunderbar still, dass wir uns kaum getrauen, lauter zu sprechen. Wer nun genauer wissen möchte, wo sich dieses Paradies befindet, der muss sich auf dem Globus weiter Richtung Osten begeben in die Timor-See, bis kurz vor Papua Neuguinea. Dort befinden sich die Kei Inseln, die zu den Süd-Molukken gehören. Die östliche langgezogene Kei Besar scheint touristisch noch völlig unerschlossen zu sein, denn Google Maps zeigt keine Unterkünfte an, während auf Kei Kecil einige wenige ausgebaute Straßen und Bungalows zu sehen sind. Von oben betrachtet umgeben grüne Dschungelabschnitte und weiße Sandbuchten die Küsten mit so klarem Türkis, dass wir aus dem Flieger bis auf den Meeresboden schauen können.

Coaster Cottages

Unser Ziel „Coaster Cottage“ erreichen wir nach einem kurzen Flug mit Wings Air von Ambon nach Tual. Dass ich unser „Penny House“ weit vorher für 5 Tage gebucht habe, erweist sich als Glücksfall, denn nun beginnt hier die High-Season. September bis Dezember sind bereits ausgebucht. Nun könnte der Verdacht aufkommen, dass es hier voll sein müsste, doch die wenigen Unterkünfte hier am Long Beach (Pasir Panjang), verteilen sich entsprechend weitläufig. Unsere Gastgeberin, Ketty, ist eine lustige freundliche und gute Köchin. Für 125.00 IDR (ca. 8 Euro) bekommt jeder 3 Mahlzeiten, die es in sich haben. Insbesondere der Fisch schmeckt herausragend gut.

Unser erster Blick auf den weißen Puderstrand mit dem türkisfarbenen Meer löst nur noch ein Wow! aus. Ohne Sonnenbrille blendet der Sand wie Schnee. Ich spaziere erst Mal den langen Strand am Dorf vorbei bis zum Ende. Keine Strandverkäufer, keine störenden Häuser, keine Restaurants, einfach nur purer Strand … eine Stunde lang laufe ich über diesen feinen, weichen Sand und begegne keinem Touristen … Unfassbar! Das es so etwas noch in Indonesien gibt, bei all den plastikvermüllten Stränden auf Bali! Schwarze und blaue Quallen (harmlos!) trocknen in der Sonne, uralte Holzkanus liegen im Sand, ein kleines Dorf mit Fischerbooten, eine einzige Tauchschule kommt am Ende der Bucht.

Tolle Menschen lernt man auf solch einer Reise kennen

An einem Volleyballnetz erkenne ich Anna, von einem Post auf Indojunkies, wieder. Nach einem kurzen „Hallo. Ich glaub´ wir kennen uns!“ stellt sich heraus, dass sie natürlich auch im Coaster Cottage wohnen. Unser Abendessen mit Anna, Anton, Viktor und Deborah wird unterhaltsam und lustig. Für den nächsten Tag leiht uns Viktor zwei Vollmasken und die Flossen aus. Wir sind gespannt, da wir sie wegen ihres Aussehens immer abfällig kommentiert haben. Doch dann tritt genau das ein, was ich geahnt habe. Aus der Ferne höre ich Rolfs Begeisterungsrufe, denn die Maske ist dicht und sehr komfortabel. Sofort will ich mich selbst davon überzeugen und tatsächlich, die Sicht ist klar, die Atmung leicht und alles dicht.

Beachvolleyball mit Sonnenuntergang

Am Volleyballfeld treffen wir auf unsere vier Freunde, die gerade mit ein paar einheimischen Frauen und Männern spielen und und Rolf wird direkt ins Spiel geholt. Ich kann derweil dem Farbenspiel des Sonnenuntergangs zuschauen und die Sportfotografin spielen. Je dunkler es wird, je bizarrer werden die Fotos.

Sunset-Beachvolleyball (Picture by www.antonsahler.de/blog)

Indonesisch-Deutsche Beachvolleyball Begegnung

Wenn am Wochenende die Einheimischen aus der Stadt hier sind, ist ganz schön was los. Joggen wird für mich zum Spießrutenlauf, da ich vor lauter Selfies ständig angehalten werde. Einmal versuche ich schneller an einer großen Männergruppe, die geradewegs auf mich zukommt, vorbei zu laufen, doch es gelingt mir nicht. Okay … gefühlte 5 Selfies und weiter geht’s. Laute Musik dröhnt uns entgegen. Manche tanzen, Frauen gehen voll bekleidet ins Meer, Kinder spielen Fußball … alles schön und lustig, doch die Kehrseite davon ist der Müll, den sie anschließend hinterlassen. Plastikbecher, mit Strohhalmen, Chipstüten, Keksverpackungen, Plastiktüten usw. Da ist noch Entwicklungspotential, keine Frage!

Bootstour zu Snake-Island

Die Bootstour mit unseren Freunden zu Snake-Island sollte mal wieder ein Highlight werden. Früh um 7 Uhr starten wir mit Atus, unserem Bootsmann. Ich Blödi hab vergessen, irgendetwas Eßbares einzupacken, dafür habe ich an die Tauchshirts gedacht, denn der wolkenlose Himmel verspricht heute viel Sonne. Nach ca. 1,5 Std. lege wir an der langgezogene Sandbank, die sich wie eine Schlange durch das klare, türkisblaue Wasser zieht, an. Dieser riesige weiße Sandstrand bildet mit den Blautönen des Himmels und den Türkistönen des Meeres ein unbeschreibliches Bild von Paradies. Niemand hier, nur wir. Dann erscheint eine kleine Frau aus dem Dorf, die das Geld fürs Boot einsammelt. Die Bewohner der Insel bauen Algenfelder an, aus denen Agar Agar gewonnen wird. Unser Staunen schlägt sich in unzähligen Fotos nieder. Wir laufen auf dem weißen Sand, fotografieren vor- und rückwärts, bleiben wieder stehen, umarmen uns vor Glück. Annas Bananen sind die Rettung vor allzu großem Hunger. Einige Stellen werden von der herannehmenden Flut immer mehr überspült. Am Ende der Sandbank erwarten uns schon die Locals und freuen sich auf ein Schwätzchen und ein paar Fotos. Zwei Mädchen, die auf dem Boot im Wasser ausgelassen spielen, erregen meine Aufmerksamkeit. Natürlich darf ich sie fotografieren. Plötzlich tauchen Pelikane auf und wir versuchen mit dem Boot so nah wir möglich an sie heranzukommen. Anton schießt ein paar traumhafte Fotos von diesen scheuen Tieren. Was für ein friedvolles Bild! Zum Schnorcheln halten wir an einem Riff und springen gleich hinein. Mir gefallen besonders die blauen Korallen und die kleinen bunten Fische. Hungrig erreichen wir unser Cottage und freuen uns über gegrillten Fisch.

Pelikan auf Snake Island
(Picture by www.antonsahler.de/blog)

Yoga wird zum Ritual

Länger an einem Platz zu verweilen, hat viele Vorteile. Neben dem intensiveren Kontakten sind es die Routinen, die Entspannung in den Reisealltag bringen. Unsere tägliche Yogastunde ist ein gutes Beispiel dafür. Dieser paradiesische Ausblick am Strand toppt wirklich alles, was ich bisher an Yoga-Plätzen gesehen habe. Die Abfolge der Asanas behalte ich möglichst bei, damit Rolf erstens gut in den Flow kommt und seine Fortschritte sichtbar werden. Genau das geschieht auch von Tag zu Tag. Überreden oder überzeugen muss ich ihn schon lange nicht mehr, denn er fühlt sich einfach immer beweglicher. Unsere Musikbox kommt auch hier wunderbar zum Einsatz.

Rechtzeitig – bevor ich umgefallen bin

Keine andere Unterkunft gefällt uns so gut wie das Coaster Cottage. Mit dem Scooter sind wir auch an den Strand zum Savanna Cottages in Ohoidertawun gefahren. Doch überzeugt hat es uns nicht. Ketty weiß zum Glück eine Lösung, da unser Penny House von zwei Koreanerinnen gebucht ist. Doch wir können ins Old Cottage umziehen und bis zum 2. Oktober bleiben. Juchhe … so ziehen wir um und sparen auch noch ein bisschen Geld (10 Euro kostet jetzt die Übernachtung).

Es fällt uns nach elf Tagen schwer, diese paradiesische Umgebung mit seinen netten Menschen zu verlassen, aber unsere Reise geht weiter … Papua und speziell Raja Ampat ist das nächste Ziel.